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Hatte sich den Start in das Jahr 2019 wohl anders vorgestellt: Berlins Bausenatorin Katrin Lompscher (Linke).

© imago/Christian Ditsch

"Schizophrenie": SPD-Politiker kritisiert Berliner Bausenatorin

Weil Katrin Lompscher nicht genügend Wohnungen baut, wird der Ton in der Koalition rau. Ein Sozialdemokrat attestiert der Linkspartei "Schizophrenie".

Der Jahresauftakt geriet für Katrin Lompscher zum Fiasko. Für den baupolitischen Ausblick der Bausenatorin setzte es harsche Kritik aus allen Richtungen. Die Linken-Politikerin hatte eingestehen müssen, dass es den sechs politisch gesteuerten Firmen nicht gelingt, den Bau der 30.000 Wohnungen voranzubringen, die SPD, Linke und Grüne laut Koalitionsvertrag in dieser Legislaturperiode fertigstellen wollen.

Die Opposition reagierte prompt. Ärger macht sich nun aber auch innerhalb der SPD breit. Der in Berlin direkt gewählte Bundestag-Abgeordnete Swen Schulz diagnostiziert bei der Linken gar eine „Schizophrenie“: „Im Bundestag trumpfen sie auf und fordern Grundstücke sowie Hilfen vom Bund, und wo sie baupolitische Verantwortung tragen wie in Berlin, da blockiert ihr destruktives Verhalten den Wohnungsbau.“

„Bei euch in Berlin passiert doch eh nichts“

Das könne verheerende Folgen für die zurzeit laufenden Verhandlungen mit der Großen Koalition (CDU/CSU und SPD) zur Übernahme der bundeseigenen Baugrundstücke in Berlin, den so genannten BImA-Flächen, haben. Schulz berichtet vom „Schnack“ auf den Fluren des Bundestags in Sitzungspausen des Haushaltsausschusses. Dort feixten politisch Verantwortliche: „Bei euch in Berlin passiert doch eh nichts, da geben wir Euch doch nicht auch noch unsere Grundstücke“.

Dass der Bund tatsächlich die Verhandlungen abbrechen könnte zur Übertragung der so dringend benötigten Berliner Bauflächen, hofft Schulz nicht. Immerhin leite mit Olaf Scholz ein SPD-Politiker und – als ehemaliger Bürgermeister Hamburgs mit der Wohnungsnot der Metropolen Vertrauter – das Bundesfinanzministerium.

Aber Schulz würde sich nicht wundern, „falls die Grundstücke überhaupt übertragen werden, dass dies nur mit Auflagen geschieht: Fristen für deren Bebauung sowie Strafzahlungen und Rückübertragungs-Regelungen bei Untätigkeit“. Gegen solche Forderungen fehlten ihm dann auch die „Argumente“.

Union im Bundestag: Widerstand gegen Hilfen für Berlin

Schulz ist auch deshalb „schwer verärgert“, weil die SPD in einer schwierigen Verhandlungsposition mit dem größeren Koalitionspartner CDU/CSU ist. Dort gebe es ohnehin Widerstände gegen Hilfen für Berlin. Mit denen habe auch Berlins Finanzsenator Matthias Kollatz (SPD) und der Regierender Bürgermeister Michael Müller (SPD) zu kämpfen bei den seit Jahren laufenden Verhandlungen über die BImA-Grundstücke. Kurzum, die Linke schwäche die Position des Landes im Bund massiv.

Kritik kommt außerdem ausgerechnet von möglichen Partner, den Berliner Genossenschaften, von denen einige volle Kasse haben und schnell bauen könnten. Außerdem bieten sie Ihre Wohnungen in Berlin noch zu Mieten an, die vielfach weit unter Marktpreisen liegen. Bisher spielten diese in Lompschers Wohnungs- und in der Grundstücksvergabepolitik des Finanzsenators keine Rolle. Im Jahresausblick stellte die Senatorin diesen Grundstücke in Aussicht sowie die Bestellung eines „Genossenschaftsbeauftragten“. Nur: „Nicht eines der 20 Grundstücke kann kurzfristig bebaut werden“, sagt der Sprecher der jungen Genossenschaften und Chef der Bremer Höhe Ulf Heitmann.

Bei der Vorstellung der Liegenschaften habe die Chefin des größten Berliner Wohnungsverbandes BBU Maren Kern von Angeboten aus „Rudis Resterampe“ gesprochen. Davon hätten sich die Chefs der Genossenschaften ausdrücklich nicht distanziert, im Gegenteil. „Die Stärke der Genossenschaften liegen im Siedlungsbau und wir stehen dafür bereit wie während der Wohnungsnot in den 1920er Jahren.“

Viele Genossenschaften seien gut aufgestellt, haben geringe Schulden und hätten Eigenkapital genug für den Bau von 2000 bis 4000 Wohnungen jährlich, sagt Heitmann. Sie bräuchten aber für Siedlungsbauten große zusammenhängende Flächen, die nicht durch Gewerbebetriebe oder anderen Nutzern blockiert sind. Der genossenschaftliche Siedlungsbau hat beispielsweise den „Schillerpark“ im Stadtteil Wedding hervorgebracht, der heute zum Unesco-Weltkulturerbe gehört.

Eine weitere Hürde, die der Senat den Genossenschaften in den Weg stellt: Grundsätzlich sollen die Bauflächen nur per Erbpacht und das außerdem noch für nur 60 Jahre überlassen werden. Bau-Kredite sind dann schwer und nur zu schlechten Konditionen zu bekommen - „warum lässt sich das Land nicht stattdessen ein Rückkaufrecht zu Festpreis ins Grundbuch eintragen“, fragt Heitmann. Angst vor einer Privatisierung sei bei Genossenschaften ohnehin unbegründet: Denn anders als die politisch abhängigen landeseigenen Firmen hätten die Genossen auch in der Wohnungsmarktkrise vor 15 Jahren keine Bestände verkauft.

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