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Berliner und Touristen sitzen am Sonntag vor der Humboldt-Box, die eine Simulation des Schlosses zeigt. Möglich, dass das Provisorium zur Dauereinrichtung wird.

© Mike Wolff

Schlossplatz: Wowereit hält Stadtschloss-Verschiebung für Armutszeugnis

Die Bundesregierung hat in den nächsten Jahren kein Geld für den Wiederaufbau des Berliner Schlosses. Erst 2014 sollen die Bauarbeiten starten. Für Berlins Regierenden Bürgermeister Wowereit steht damit das ganze Projekt auf dem Prüfstein.

Der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) hat den Beschluss der Bundesregierung zur Verschiebung des Baubeginns für das Berliner Stadtschloss scharf kritisiert. Es sei ein „kulturpolitisches Armutszeugnis“, wenn Schwarz-Gelb die mit großer Mehrheit gefassten Beschlüsse des Bundestages infrage stelle, sagte Wowereit am Montag in Berlin. Ihnen seien jahrelange öffentliche Debatten über die angemessene Gestaltung der Berliner Mitte vorausgegangen.

Nach den Worten Wowereits bedeutet die Verschiebung des Baubeginns bis mindestens 2014, dass die Zukunft „dieses wichtigen Projekts völlig ungewiss ist“. Der Beschluss stelle aber auch eine „erneute persönliche Niederlage“ für Bundeskanzlerin Angela Merkel dar, die das Projekt bisher ebenso wie Kulturstaatsminister Bernd Neumann (beide CDU) unterstützt habe.

Der SPD-Politiker kritisierte insgesamt die „politische Richtung“ der Sparbeschlüsse. Vieles sehe „schlicht nach Sozialabbau aus“. Diese Regierung habe leider nicht die Kraft, ihre „eigenen unsinnigen Steuersubventionen“ für die schwarz-gelbe Klientel zurückzunehmen.

Bundesregierung beklagt "dramatische Finanzlage"

Das Kabinett bekannte sich am Montag in seiner Sparrunde mit Bundeskanzlerin Angela Merkel zwar grundsätzlich zu dem auf 552 Millionen veranschlagten Mammut-Projekt, verschob den Baubeginn jedoch vom Jahr 2011 auf das Jahr 2014.

In dem Beschluss wird die „historische Bedeutung und kulturpolitisches Chance“ des Wiederaufbaus ausdrücklich gewürdigt. Angesichts der „dramatischen Finanzsituation“ hätten sich die Teilnehmer jedoch einmütig für die Verschiebung ausgesprochen, hieß es den Informationen zufolge in dem Beschluss.

Berlins Kulturstaatssekretär enttäuscht über die Entscheidung

Die einstige Preußen-Residenz im Herzen Berlins war zu DDR-Zeiten gesprengt und durch den Palast der Republik ersetzt worden. Nach dem Abriss des asbestverseuchten Gebäudes entschied der Bundestag 2002, auf dem Gelände ein Ausstellungs- und Veranstaltungszentrum („Humboldtforum“) zu errichten, das die Form und Fassaden des einstigen Schlosses erhält.

Berlins Kulturstaatssekretär André Schmitz reagierte enttäuscht auf die Entscheidung. „Das ist reine Symbolpolitik“, sagte er. Der Bund könne mit der Verschiebung nichts sparen, sondern müsse im Gegenteil nun das „völlig marode Museum“ im Stadtteil Dahlem sanieren.

Umfrage: Vier von fünf Berlinern wollen das Schloss nicht

Der Aufschub betrifft den Haushalt von Bundesbauminister Peter Ramsauer (CSU), der für den architektonischen Teil des Mammutprojekts zuständig ist. Den Informationen zufolge wurde in der Runde die Meinung vertreten, ein solches Mammutprojekt lasse sich nicht stemmen, wenn man andernorts an so vielen Stellen sparen müsse. Von den Baukosten entfallen 440 Millionen auf den Bund, die auf die kommenden Jahre verteilt ausgezahlt werden sollten. Nun sollen die Mittel erst 2014 beginnen zu fließen.

Um den Wiederaufbau des Schlosses wurde seit den 90er Jahren erbittert gerungen. Die Gegner hielten es für rückwärtsgewandt, den ebenfalls historisch bedeutenden Palast der Republik einzureißen und die Barockfassaden neu zu errichten. Die Befürworten sahen im Humboldtforum die einmalige Chance, zusammen mit der in unmittelbarer Nähe gelegenen Museumsinsel einen „Ort der Weltkulturen“ entstehen zu lassen. Im Schloss sollten vor allem die außereuropäischen Sammlungen untergebracht werden.

Bauhaus-Direktor Philipp Oswalt, ein langjähriger Kritiker des Projekts, reagierte erfreut auf die Entscheidung. „Das ist ein spätes Eingeständnis, dass ein politisch gewolltes Projekt bei der Bevölkerung keine Rückendeckung bekommen hat“, sagte er auf Anfrage.

In einer Forsa-Umfrage hatten sich kürzlich 80 Prozent der Berliner dafür ausgesprochen, auf den Bau ganz zu verzichten. (dpa)

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