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Berlin: Schöner Warten: Surfen, bis der Bus kommt

Busfahrer wunderten sich. Da standen gestern mittag am Potsdamer Platz gut ein Dutzend Leute im gläsernen schmucken Wartehäuschen, und mindestens ebenso viele drumherum, und kaum keiner wollte einsteigen.

Busfahrer wunderten sich. Da standen gestern mittag am Potsdamer Platz gut ein Dutzend Leute im gläsernen schmucken Wartehäuschen, und mindestens ebenso viele drumherum, und kaum keiner wollte einsteigen. Verkehrssenator Peter Strieder war zu erkennen. Er hielt eine Rede, doch was er sagte, bekamen die Busfahrer nicht mit, denn sie mussten ja weiterfahren. Wer an der Haltestelle blieb, konnte Strieder hören und sich die weltweit erste "Intelligente Wartehalle" anschauen, im Internet surfen, zum Nulltarif Ortsgespräche führen, am Info-Terminal Stadtinformationen aller Art abrufen und sich immer wieder wundern, was so alles beim Warten zu erledigen ist.

Unter denen, die da standen, war Hans Wall, der Berlin seit Mitte der achtziger Jahre mit werbefinanzierten Wartehallen ausstattet. Inzwischen sind es 2500, allerdings stellt auch die BVG wieder eigene Häuschen auf. Dieses aber, das gestern von Wall übergeben wurde, stellt alle bisherigen in den Schatten. Es ist mit einem Solarzellendach versehen, macht aus der Wartehalle also ein kleines Kraftwerk, das auch als Solarenergie-Tankstelle beispielsweise für Motorroller dienen könnte, die als "Wall-City-Surfer" gleich vorgeführt wurden. Aber sie waren nur ein Blick in die Zukunft und stahlen der Halle nicht die Schau. Dort liefen auf einem Leuchtband aktuelle Fahrgastinformationen, auf dem bunten Info-Terminal ließen sich mühelos Telefonnummern drücken und e-mails abschicken.

Wall sagte, die Attraktivität des öffentlichen Nahverkehrs beginne an der Haltestelle. Man wolle - für die Stadt kostenlos - innerhalb von zwölf Monaten die gesamte Innenstadt mit 500 "Intelligenten Wartehallen" ausstatten, was für den Betrieb ein Investitionsvolumen von 20 Millionen Mark bedeute, 40 000 Mark pro Halle. Damit könne Berlin zum Schaufenster der modernsten Wartehallen Europas werden. Die BVG habe zugestimmt, in Kürze hoffe man auf die Genehmigungen des Senats und der Bezirke. An zehn dieser Hallen sollten dann insgesamt 100 Motorroller bereitstehen.

Strieder sagte, das Projekt sei für Berlin von großer Bedeutung. Die hier gefertigten Hallen, entworfen vom Designbüro Sekkei in Tokio, stellten auch ein Produkt für die Welt dar. Bezirke sollten nicht blockieren.

Dann eroberten immer mehr BVG-Kunden die Halle und wunderten sich. Als Busse kamen, stiegen alle ein - und die Busfahrer wunderten sich nicht mehr.

C. v. L.

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