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Schule: Ängstlich und aggressiv

Wie Kinder in den Ferien entspannen können – und wann ein Profi helfen muss

Bis vor einigen Jahren gab es auch in der Kinder- und Jugendpsychiatrie ein Sommerloch. Inzwischen sind die Sommermonate allerdings kein Grund mehr dafür, dass die jungen Patienten wegbleiben: „Zwei Drittel der Kinder und Jugendlichen kommen mit schulbezogenen Problemen zu uns“, sagt Dr. Oliver Bilke, Chefarzt der Vivantes Kliniken für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik in Friedrichshain und Neukölln.

Die Zahl der Patienten mit Schulproblemen liegt in Bilkes Kliniken bei rund 1000 im Jahr – und hat sich damit in den vergangenen zehn Jahren mehr als verdoppelt. „Der Anstieg zeigt uns aber auch, dass die Probleme der Kinder ernst genommen werden“, sagt der Mediziner.

Das Bewusstsein der Eltern und Lehrer hätten auch die Kinderschutzdebatten der vergangenen Monate geschärft. Besonders viele junge Patienten leiden laut Bilke kurz vor dem Mittleren Schulabschluss oder dem Abitur unter schulbezogenen Störungen – oder bereits in den ersten Klassen: „Die frühe Einschulung setzt Kinder unter Druck, die nicht genug entwickelt sind oder seelische Störungen haben.“ Äußern könnten sich die Belastungen zum Beispiel in Form von Konzentrationsmängeln, Lese-Rechtschreibschwächen und Depressionen. Zu den Warnzeichen gehört für den Mediziner, dass die Kinder auch in den Ferien angespannt und erschöpft sind. „Wenn ein Kind nicht mehr regenerieren und nicht abschalten kann, sollten Eltern sich Hilfe bei einem Kinderpsychologen, Psychiater oder erfahrenen Kinderarzt suchen.“

Den Eltern von Grundschulkindern rät Bilke, in den Ferien nicht zu viele unterschiedliche Kurzreisen zu organisieren. „Kinder brauchen eine gewisse Konstanz und einen Rhythmus.“ Außerdem sei es sinnvoll, sich mit den Schulkindern in den letzten Ferientagen in Ruhe auf die Schule vorzubereiten und bei Matheproblemen zum Beispiel ein wenig Rechnen zu üben.

Und vor allem beim Schulstart vorzubeugen: „Gerade in den ersten zwei Jahren gibt es Entwicklungshemmnisse, die leicht beiseitezuräumen sind.“ Dazu gehörten die schlecht sitzende Brille, Hörprobleme oder Bewegungsmangel. Hier sollten Eltern eingreifen – damit ein Therapiebedarf gar nicht erst entsteht. rni

Lesetipp: Remo Largo: Schülerjahre. Wie Kinder besser lernen. Piper, München 2009, 288 Seiten, 19,95 Euro.

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