zum Hauptinhalt
Im Schul- und Leistungssportzentrum Berlin in Hohenschönhausen ist viel Platz für Schwimmer.

© Thilo Rückeis

Berlins Eliteschulen des Sports: Nur Fußball ist zu wenig

Die Eliteschulen des Sports brauchen einen Neustart und ganz viel Transparenz. Und warum gibt es eigentlich kein Gymnasium als Eliteschule? Eine Position

Anders als die Staatliche Ballettschule und Schule für Artistik sind die Berliner Eliteschulen des Sports aus dem Fokus der öffentlichen Wahrnehmung verschwunden. Zu Unrecht, denn ihre Schülerzahlen gehen zurück: Das verdient Beachtung, denn Einschulungszahlen sind wichtige Indikatoren. Lücken mit immer mehr Fußballern aufzufüllen, kann nicht die Lösung sein.

Die Einschulungszahlen bewegen sich seit sieben Jahren kontinuierlich nach unten. Aktuell wurde mit einer Auslastung von etwa 70 Prozent der vorläufige Tiefpunkt erreicht. Diese Entwicklung erscheint in mindestens zweierlei Hinsicht alarmierend.

Zum einen ist ein Platz auf einer Eliteschule teuer – und die Infrastruktur muss auch bei weniger Schüler:innen vorgehalten werden. Zum anderen deutet der Rückgang auf eine mangelnde Attraktivität der drei Schulen oder des ganzen Systems hin. Das muss zu denken geben.

Die zunehmende Tendenz hin zu Sportarten, die im Profitum verhaftet sind, droht die traditionellen Sportarten wie Leichtathletik, Schwimmen oder Turnen immer weiter zurückzudrängen. Wenn inzwischen jeder dritte Schüler dem runden Fußballleder nachläuft, bedarf diese Entwicklung der näheren Betrachtung.

Schon jetzt wird beklagt, dass unangenehme Begleiterscheinungen der „Parallelwelt Profifußball“ in die Schulen hinüberschwappen. Sollte man da nicht so ehrlich sein und lieber gleich eine private „Hertha-Schule“ gründen? Das würde auch Steuergelder sparen.

Bei der Förderung der Eliteschulen ist besonders strategische Sorgfalt gefragt. Dazu gehört es auch, richtige Antworten zu finden, wenn Schüler:innen den Erwartungen nicht mehr entsprechen.

Ein undurchsichtigen Einschulungssystem

Stattdessen wird an einem undurchsichtigen Einschulungs- und rigiden Ausschulungssystem festgehalten. Modelle zum Auffangen von Schüler:innen, die aus dem Leistungssport aussteigen, wurden immer wieder angemahnt, aber bisher nicht entwickelt.

Ein Blick zur Sportschule Potsdam könnte helfen: Wer dort die erforderte Leistung nicht mehr zeigt, kann dennoch an der Schule bleiben und auf andere Felder wie Sportmarketing oder Trainerausbildung umsteigen.

In Berlin hingegen gibt es weder solche Angebote noch ein verbindliches und pädagogisch begründetes Ausschulungsverfahren, das die weitere Schullaufbahn regelt.

Der Verzicht auf den Gymnasialstatus war ein Fehler

Im Hinblick auf die geringe Nachfrage nach Nicht-Profi-Sportarten muss man wohl sagen: Es hat sich als folgenschwerer politischer Fehler erwiesen, dass aus ideologischen Gründen keiner der drei Schulen der Gymnasialstatus zugebilligt wurde: Das Sportgymnasium ist Standard und hoch anerkannt in zwölf Bundesländern.

Leider können die Sportschulen auch in ihrer inhärenten Sache, dem Leistungssport, nicht mehr eindeutig punkten. Die Leistungsspitze der Erwachsenen wird in zu geringem Maße durch Absolvent:innen der Eliteschulen des Sports gespeist.

Empfohlener redaktioneller Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen von unseren Redakteuren ausgewählten, externen Inhalt, der den Artikel für Sie mit zusätzlichen Informationen anreichert. Sie können sich hier den externen Inhalt mit einem Klick anzeigen lassen oder wieder ausblenden.

Ich bin damit einverstanden, dass mir der externe Inhalt angezeigt wird. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr Informationen dazu erhalten Sie in den Datenschutz-Einstellungen. Diese finden Sie ganz unten auf unserer Seite im Footer, sodass Sie Ihre Einstellungen jederzeit verwalten oder widerrufen können.

Eine schonungslose Evaluation als Ziel

Im Gegenteil suchen und finden Leistungssportler:innen heute verstärkt andere Wege zum Erfolg. Hier kann nur eine schonungslose Evaluation mit transparenten Ergebnissen weiterhelfen.

An den Sportschulen wirken auch Trainer:innen, Funktionär:innen und weitere außerschulische Personen mit Einfluss. Zudem hat naturgemäß der Landessportbund Berlin eine Stimme. Das macht das Handeln leicht unübersichtlich und partiell beschwerlich.

Umso wichtiger ist es, für klare Strukturen und deren Transparenz zu sorgen. Dazu gehört zum Beispiel auch der ungehinderte Austausch und die Evaluation von Kooperationsvereinbarungen mit Sportvereinen und -verbänden: Was erwartet der Verein von der Schule, was kann die Schule geben? Geheimniskrämerei führt zu Misstrauen.

Von Nöten: Mehr Akzeptanz der Öffentlichkeit

Als assimilierte Nachfolgeeinrichtungen der Kinder- und Jugendsportschulen der DDR sind die Berliner Eliteschulen des Sports eine Errungenschaft der Nachwendezeit. Sie müssen, auch bei postpandemischen Sparhaushalten, erhalten bleiben. Zunehmende Akzeptanz vonseiten der Öffentlichkeit ist zwingend erforderlich. Dazu braucht es Leistungswillen, Selbstbewusstsein und Unabhängigkeit, Transparenz und ein Höchstmaß an Verlässlichkeit von allen Protagonisten.

Die Staatliche Ballettschule und Schule für Artistik geht diesen Weg, die Eliteschule des Sports sollte nachziehen.

Der Autor leitete die Sportschule im Olympiapark – Poelchau-Schule und promovierte 2018 über die Kinder- und Jugendsportschulen der DDR während und nach der Wende.

Rüdiger Barney

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false