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Ein Ort und seine Geschichte: Der Anhalter Bahnhof – Bahnhof, Bunker, Denkmal

Auch in der heutigen Zeit ist der Anhalter Bahnhof ein wichtiger Verkehrsknotenpunkt für viele Berliner. Doch was wissen die Menschen über seinen Aufbau und der Bedeutung des „Tor des Südens“ vor dem Zweiten Weltkrieg?

Vom 23. bis zum 27. Juli waren Schüler und Schülerinnen aus verschiedenen Berliner Gymnasien beim Tagesspiegel, um in einem Sommerkurs mehr über Journalismus zu erfahren. Die 16- bis 18-Jährigen erlebten Redakteure bei der Arbeit, nahmen an Schreibworkshops teil und recherchierten und verfassten eigene Artikel, zu Themen, die sie sich selbst ausgesucht haben. Hier lesen Sie die Ergebnisse.

Eine Bahnhofshalle von 60,5 Metern     Breite und 175 Metern Länge, das ganze ausgeschmückt mit Terrakottaelementen und gefasst in einen herrlichen Rundbogenstil – der Anhalter Bahnhof war in der Zeit nach seiner Überarbeitung im Jahre 1880 der wichtigste Fern- und Kopfbahnhof Europas.

Doch woher kommt eigentlich der Name? Der Anhalter Bahnhof ist bis zu Beginn des 1. Weltkrieges die wichtigste Eisenbahnverbindung  nach Ungarn-Österreich, Italien sowie Frankreich. Entscheidende, deutsche Regionen werden nun miteinander verbunden – unter anderem die Orte Dessau, Leipzig, München und eben auch das Fürstentum Anhalt, das heute zum Bundesland Sachsen-Anhalt gehört.

Vom Volke liebevoll „Der Anhalter“ oder das „Tor zum Süden“ genannt ist der Bahnhof in der Stresemannstraße am Askanischen Platz für die Menschen während des 2. Weltkrieges jedoch weitaus mehr als nur eine wichtige Station für südliche Reiseziele. In den letzten Kriegstagen bis zum Mai 1945 bietet der sich in unmittelbarer Nähe des Bahnhofs befindende Bunker ca. 13.000 Berlinern Zuflucht vor den Bombenangriffen.

Anfang Februar 1945 trägt jedoch auch „Der Anhalter“ selbst unübersehbare Spuren von den Kriegsgeschehnissen davon. ²/³ des Hallendaches sowie alle Holzbalkendecken werden zerbombt.

Tatsächlich wurden aber    die meisten Schäden durch SS-Truppen verursacht, die große Teile des S-Bahntunnels unter dem Landwehrkanal sprengen um der Roten Armee den Vormarsch zur Reichskanzlei zu erschweren.

Im August 1945 wird der Betrieb wieder aufgenommen, diesmal fahren die Züge jedoch unter freiem Himmel. Sieben Jahre später wird ein Außenring errichtet und alle Bahnhöfe mit der Ausnahme des Bahnhof Zoo werden vom Fernverkehr abgeschnitten. Dies symbolisiert das Ende der Ära des 111 Jahre alten Anhalter Bahnhofs.

Doch was ist uns Berlinern heute noch von dem Bahnhofsgebäude geblieben? Ab 1960 erfolgt eine Sprengung des restlichen Bahnhofsgeländes da eine „Einsturzgefahr“ befürchtet wird. Doch der Versuch funktioniert nicht einwandfrei und daher bleibt  das Eingangsportal verschont - eine Ruine, die so manchen an die damaligen Zeiten erinnert.

Das unterirdische S-Bahnsystem hat aber auch heute eine hohe Relevanz für die Menschen. Haagen Ö. (64) und Jürgen K. (54) sehen den neuen Bahnhof als einen wichtige Umsteigebahnhof um zu interessanten und historischen Orten wie der Neuen Synagoge, dem Roten Rathaus, der Mauergedenkstätte sowie der Humboldt Universität in der Dorotheenstraße zu gelangen.

Und auch die Gegend rund um den Bahnhof habe sich nach Aussage der beiden Anwohner verändert. So sind an die Stelle des 1901 erbauten Hotel Excelsiors – damals warb es mit dem Ruf des größten Hotels des Kontinents – riesige Wohnkomplexe getreten.

Nun stellt sich die Frage inwiefern sich auch die Menschen in dieser Gegend verändert haben. Fest steht, dass für die Älteren von uns die Ruine des Anhalter Bahnhofs eine Doppelfunktion darstellt: Es verkörpert die einstige, architektonische Meisterleistung des Baumeisters Franz Schwechten und erinnert an die grausamen Zeiten während und nach den Kriegen.                

Antonia Wolf-Roskosch

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