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Schule: Ein Schwede im Schafspelz

Für die Baureihe 9-3 von Saab gibt es neue Tuning-Kits. Das Spitzentriebwerk leistet jetzt 252 PS

Schwächelnde Motoren sind das Problem von Saab ganz und gar nicht. Seit die Schwedischen Autobauer 1977 mit dem Saab 99 ihr „Turbo-Zeitalter“ einläuteten, wurde diese Technik kontinuierlich weiter entwickelt. In der kleinen Baureihe 9-3 leistet der Zweiliter-Turbo heute bis zu 154 kW (210 PS), der größere 9-5er bringt es mit dem 2,3-Liter-Motor auf stattliche 184 kW (250 PS). Das erlaubt eine durchaus „sportliche“ Gangart. Doch einer wachsenden Zahl von Kunden will das nicht reichen. Seit gut drei Jahren hat Saab deshalb einen offiziellen Leistungssteigerer: Eine kleine Schweizer Firma namens Hirsch bietet Tuning-Sätze für die Turbo-Saabs.

Diese schwedisch-schweizerische Kooperation bringt Autos hervor, die den Schriftzug „Performance by Hirsch“ tragen. Dahinter stecken so genannte „Tuning-Kits“, die für die Basismodelle bestellt werden können. Wer jetzt allerdings an verklebtes Plastik am Kofferraum denkt, liegt gründlich daneben. Das Tuning, oder wie man bei Saab sagt, die „Fahrzeug-Veredelung“, findet eher im Verborgenen statt. Hier greifen die Ingenieure aus der Schweiz ins Motormanagement ein. Das fahrzeugeigene Steuergerät wird zum Beispiel umprogrammiert. Mitunter wird die Auspuffanlage ausgetauscht oder der Turbo ausgewechselt. Der schnelle Saab-Kunde kann sein Leistungsplus also unauffällig in Serienkulisse mit sich führen. Muss er aber nicht. Im Angebot sind auch spezielle Räder-Reifen-Kombinationen,

Aerodynamik-Anbauteile oder Accessoires für den Innenraum wie Pedale aus Aluminium.

Insgesamt bietet das Schweizer Zwölf-Mann-Unternehmen mittlerweile zehn Tuning-Kits für acht Saab-Motoren an. Die beiden neuesten Tuning-Kits sind seit einigen Tagen auf dem Markt und für die Baureihe 9-3 bestimmt. Die Leistung des Serien-Topmodells „Aero“ wird damit um weitere 42 auf 252 PS gesteigert – wenn’s ein bisschen mehr sein darf. Da Tuning aber nicht nur etwas für Benzinmotoren ist, hat sich Hirsch auch einen Diesel vorgeknöpft. Der Dieselanteil beträgt bei Saab zwar nur rund 25 Prozent. Die Schweden gehen aber davon aus, dass sich das in den kommenden Jahren deutlich ändern wird. Unter anderem wegen des getunten Motors. Er leistet in der Hirsch-Version 129 kW (175 PS) statt 110 kW (150 PS) wie es beim Serienmotor der Fall ist – serienmäßig bleibt allerdings der Rußpartikelfilter.

„Das Plus von 25 PS im Vergleich zum Serienmodell sieht zunächst relativ klein aus“, gibt Ulrich Mehling, der Geschäftsführer von Saab Deutschland, zu. „Aber auf der Straße spürt man den Unterschied deutlich.“ Dafür sei das Tuning gedacht. „Die Saab-Modelle sollen keine verkappten Rennautos sein, sondern in denjenigen Bereichen Leistungssteigerungen erhalten, die man im Alltag nutzen kann.“ Eine solche Ansage will das Thema aus der „Bleifuß-Nische“ holen. Aber die Frage bleibt: Braucht man einen getunten Motor auf öffentlichen Straßen wirklich? Da hilft nur eins: rein ins Auto, raus auf die Piste und ausprobieren.

Kaum findet der Zündschlüssel sein Pendant in der Mittelkonsole der Diesellimousine, erwacht der Motor mit kernigem Sound zum Leben. Dass er ein Selbstzünder ist, verbirgt er nicht. Das Geräuschniveau ist allerdings nie unangenehm. Mit einem leisen Pfeifen gesellt sich der Turbolader dazu, wenn er fleißig ist. Das maximale Drehmoment des Diesels steigt durch das Tuning von 320 auf 370 Newtonmeter. Diese Kraft liegt ab 2000/min. an – und kaum passiert die Nadel des Drehzahlmessers diese Marke, gibt es ordentlich Schub für das Auto. 8,3 Sekunden braucht es dann für den Spurt auf Tempo 100, mit durchgedrücktem Gaspedal geht’s weiter bis auf maximal 225 km/h. Das ist nicht nur ein Spaßfaktor, sondern auch bullige Kraft für jedes Überholmanöver. Durchschnittlich ist der Selbstzünder mit 6,5 Litern zufrieden und damit ein durchaus sparsamer Zeitgenosse. Zunächst wird es ihn nur in der 9-3-Limousine geben. Die Charaktere von Diesel und Cabrio passen in der Saab-Welt wohl nicht zusammen.

Der Benziner genehmigt sich ein ordentliches Schlückchen mehr. Da kosten 100 Kilometer schnell auch mal das Doppelte – 252 PS wollen bedient werden. Sie machen den 9-3er, der ein präzises Handling mitbringt, aber auch noch einmal ein ganzes Stück flotter. Für die Beschleunigung von Null auf Tempo 100 braucht der Hirsch-Saab nicht einmal sieben Sekunden. Mit dem Cabrio oder der Sportlimousine kann man 250 km/h schnell sein – wenn man das denn unbedingt in seinem Alltag braucht.

Auch innen bestimmt Understatement den Auftritt. Die Rundinstrumente sind übersichtlich und beschränken sich auch in den Hirsch-Versionen auf die wirklich nötigen Informationen. Die Qualität der Innenausstattung wird dem Saab-Anspruch, im Premiumsegment zu Hause zu sein, durchweg gerecht.

Seit 2002 wurden rund 900 Tuningsätze in Deutschland verkauft. In diesem Jahr sollen noch einmal 500 Kits dazukommen. Außerordentlich tief müssen Saab-Kunden dafür nicht in die Tasche greifen. Die Tuning-Kits kosten ab 1276 Euro. Besonders edle Varianten können allerdings auch ein Vielfaches kosten. Die 42 Extra-PS des 9-3 Aero schlagen beispielsweise mit 3900 Euro zu Buche.

In einigen Wochen wird Saab eine weitere Neuheit der 9-3er Baureihe vorstellen, den Sport-Kombi. Er wird eine Lücke in der Modellpalette der Schweden schließen. Noch ist das Cabrio das meistverkaufte Saab-Modell in Deutschland. Aber die Ingenieure in der Schweiz tüfteln schon. Der Kombi soll in allen Lebenslagen mithalten können.

Roland Koch

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