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Gastkommentar: Auf die Praxis kommt es an

Bisher fehlt der Schulreform ein schlüssiges Konzept für schwächere Schüler: Der Erfolg der Strukturreform wird später nicht an den hehren Zielen der Bildungspolitiker gemessen, sondern an der konkreten Ausgestaltung der neuen Schulen und ihren Ergebnissen.

Der eintägige Berufsschnuppertag für Mädchen „Girls’ Day“ soll in den neuen Sekundarschulen zum Praxismodul für schwächere Schüler werden. Leider kein schlechter Scherz, sondern ein ernst gemeinter Vorschlag der Bildungsverwaltung. Dieses Beispiel zeigt die Hilflosigkeit und Mutlosigkeit der Koalition bei der Ausgestaltung ihrer Schulstrukturreform, die in dieser Woche im Abgeordnetenhaus beschlossen werden soll.

Es fehlt an klaren pädagogischen Modellen und Vorschlägen für eine echte Verknüpfung von Unterricht und Praxis. Stattdessen gibt es ein Sammelsurium an mehr oder weniger brauchbaren Praxisanteilen. Andere Bundesländer wie Pisa-Aufsteiger Sachsen-Anhalt machen seit langem vor, wie Schulen erfolgreich aus qualitativen Modellen der Leistungsdifferenzierung und echten Praxismodulen auswählen können. Aber man muss nicht in die Ferne schauen, auch in Berlin gibt es an 15 Schulen Praxisklassen, die das Lernen in der Schule mit der Arbeitswelt verknüpfen. Zwei Tage Unterricht und drei Tage Praxis motivieren die Schüler dort mehr als erzwungenes Nebeneinandersitzen in einer Klasse. Denn was die Grundschule in sechs Jahren gemeinsamen Unterrichts nicht schafft, wird auch die Oberschule nicht richten, wenn sie der Unterschiedlichkeit der Schüler nicht kreativ begegnet.

Der Erfolg der Strukturreform wird später nicht an den hehren Zielen der Bildungspolitiker gemessen, sondern an der konkreten Ausgestaltung der neuen Schulen und ihren Ergebnissen. Die grundsätzliche Einigkeit aller Parteien über die Notwendigkeit einer Strukturreform hätte genutzt werden sollen, um auch zu einem weitgehenden Konsens über die Eckpunkte der Reform zu kommen. Dazu gehören ein nachvollziehbares Modell für die Förderung der schwächeren Schüler in den Sekundarschulen sowie das Fordern der stärkeren Schüler in einem starken Gymnasium.

Jede Sekundarschule muss im Rahmen des Dualen Lernens ein echtes Unterricht-Praxis-Modell anbieten, das die Schüler begeistert und nicht nur beschäftigt. Der andere Teil der Schüler muss auf hohem Niveau zum Mittleren Schulabschluss geführt und hierzu besonders gefördert werden. Nur so kann die Stigmatisierung durch eine Hauptschule mit nur 7 Prozent der Schüler wegfallen und gleichzeitig das Niveau der guten Real- und Gesamtschulen erhalten werden. Diese Reform hat nur eine Chance erfolgreich zu sein: solide vorbereitet, klar strukturiert, ausfinanziert und ausgestattet mit genügend Lehrpersonal.

Der Autor ist bildungspolitischer Sprecher der CDU-Fraktion im Abgeordnetenhaus.

Sascha Steuer

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