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© Kitty Kleist-Heinrich

Ihre Meinung: Sollten Berlins Schüler länger schlafen?

Um acht Uhr morgens üben sich viele Schüler im Gähnen, in den Köpfen bleibt es zappenduster. Die Schüler des John-Lennon-Gymnasiums in Mitte stimmen deshalb darüber ab, den Unterricht erst ab neun Uhr beginnen zu lassen. Was meinen Sie? Diskutieren Sie mit! Schreiben Sie Ihren Kommentar unter diesen Text.

Acht Uhr morgens in Berliner Klassenzimmern. Mit offenen Augen blicken die Schüler in Richtung Tafel, anwesend, aber doch nicht ganz da. In vielen Köpfen ist es zu dieser frühen Stunde zappenduster. Vor allem in höheren Klassen wird im Kollektiv gegähnt. „Die meisten Jugendlichen ab zwölf Jahren Jahren sind so genannte Eulen, also Abendtypen. Um acht Uhr sind sie gerade mal so leistungsfähig wie etwa um Mitternacht“, sagt Jürgen Zulley vom Schlafmedizinischen Zentrum der Universität Regensburg. Um optimale Leistung bringen zu können, sollte der Unterricht entsprechend später beginnen. Genau das wollen die Schüler des John-Lennon-Gymnasium in Mitte. Als erste staatliche Schule in Berlin stimmen sie heute und morgen darüber ab, ob der Unterricht künftig im Winter um 9 Uhr statt um 8 Uhr beginnt. Am Mittwoch werden die Lehrer in der Schulkonferenz abstimmen. Nach dem Landesschulgesetz kann jede Schule die Zeit des Unterrichtsbeginns selbst festlegen.

„Aus Studien wissen wir, dass Jugendliche gegen ihren natürlichen Biorhythmus handeln, wenn sie zu früh aufstehen“, sagt Zulley. Wach und Leistungsfähig würden sie erst im Laufe des Vormittags. Durch die Verschiebung komme es zu einem „sozialen Jetlag“, ein Schlafdefizit, das sich während der Woche aufbaue und am Wochenende kompensiert werden müsse. „Wer glaubt, dass ein späterer Schulbeginn nichts bringt, weil die Schüler dann länger aufbleiben und wieder unausgeschlafen seien, täuscht sich. Leider gibt es noch keine deutschen Studien, die das belegen. Wir ziehen unsere Erfahrungswerte aus Erkenntnissen der USA, Skandinavien oder Frankreich.“

Dass der spätere Unterrichtsbeginn die Konzentrations- und Leistungsfähigkeit der Schüler fördert, bestätigt der Direktor des staatlichen Schulamtes Forchheim in Bayern, Gerhard Koller. Seit vier Jahren beginnt dort an drei Schulen im Landkreis der Unterricht um 8.45 Uhr. In einer zweimonatigen Probephase sei der neue Schulrhytmus vor der Einführung getestet worden. „Damit konnten wir den Eltern die Angst nehmen, dass ihnen ihre Kinder entzogen würden, und den Lehrern zeigen, dass sie nicht den ganzen Tag an der Schule verbringen müssen.“ Es habe sich gezeigt, dass die Schüler ausgeruhter und ausgeglichener und die Lehrer entspannter seien. „Die Jugendlichen sind bereit, direkt in den Unterricht einzusteigen.“ Zudem falle der Stress am Frühstückstisch weg und Eltern, die früher aus dem Haus gehen müssten, könnten ihre Kinder in die Frühbetreuung schicken.

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Vor 40 Jahren legten sich John Lennon und Yoko Ono für den Weltfrieden ins Bett. -

© AFP

Die Vorsitzende des Landeslehrerausschusses, Brigitte Wilhelm, bezweifelt die positiven Effekte eines späteren Unterrichtsbeginns und wünscht sich beweiskräftige Studien für Deutschland. „Es gibt zu viele Eltern, die den langen Unterrichtszeiten jetzt schon skeptisch gegenüberstehen. Zudem müssten außerschulische Hobbys wie Sport entfallen“, sagte Landeselternsprecher Andreas Schindler. Er glaubt nicht, dass sich der spätere Unterrichtsbeginn flächendeckend in Berlin umsetzen lässt. Die Bildungsverwaltung sieht den Vorstoß der John-Lennon-Schüler wohlwollend. „Wir finden es sympathisch, dass sich eine Schule die Freiheiten des Schulgesetzes nimmt und in eigener Regie handelt“, sagte der Sprecher Jens Stiller. Laut Schulgesetz ist für die Entscheidung die einfache Mehrheit der Schulkonferenz ausreichend.

„Die Elternvertreter haben uns zugesagt, sich nach dem Schülervotum zu richten“, sagt die Schülersprecherin. Am Dienstag stimmten die Schüler der Oberstufe bereits mehrheitlich für den Beginn um 9 Uhr. Die jüngeren Schüler werden am Mittwoch abstimmen. Dennoch gingen die Meinungen in der Schüler- und Lehrerschaft weit auseinander. „Jetzt sind wir einfach nur gespannt.“

Um Acht Uhr morgens üben sich Schüler höherer Klassen im Kollektiv-Gähnen. Die Schüler des John-Lennon-Gymnasiums in Mitte stimmen deshalb darüber ab, den Unterricht erst ab 9 Uhr beginnen zu lassen. Ist das richtig? Diskutieren Sie mit!

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