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© Kitty Kleist-Heinrich

Musikunterricht: Ein Ranzen voll Dissonanzen

Wird der Musikunterricht schleichend aus der Schule verdrängt? Darüber streiten Musik und Politik.

Von Fatina Keilani

Auf Protest folgte Lob: Als „wunderbare Initiative der Dirigenten“ und „Vorstoß zur rechten Zeit“ bezeichneten Oppositionspolitiker gestern den Aufruf von Stars der Berliner Musikszene für mehr Musikunterricht in den Schulen. Die Kürzung des Musikunterrichts an den künftigen Sekundarschulen hatte diesen Protest ausgelöst. Auf Briefpapier der Berliner Philharmoniker äußerten deren Chef Sir Simon Rattle, seine Intendantin Pamela Rosenberg und elf weitere Hochkaräter der Berliner Musikszene ihre Sorgen um den Nachwuchs (wir berichteten).

Im Hause von Bildungssenator Jürgen Zöllner (SPD) teilt man die Auffassung nicht. „Der Brief stößt bei uns auf Erstaunen und Unverständnis“, sagte Zöllners Sprecher Jens Stiller. „Der Senator wird auf die Unterzeichner zugehen und ihnen aufzeigen, dass die Schulreform zu einer Stärkung der Fächer Musik und Kunst führen wird.“ Kunst und Musik seien von zentraler Bedeutung, auch für die Persönlichkeitsentwicklung von Kindern und Jugendlichen. Richtig sei, dass die neuen Sekundarschulen flexibler und freier in der Gestaltung ihrer Stundentafeln seien. Wenn eine Schule dies wolle, könne sie künftig sogar bis zu sechs Stunden Musikunterricht wöchentlich anbieten. Allerdings hat die Schule in den Stufen sieben bis neun die Wahl zwischen Kunst und Musik; entscheidet sie sich für Kunst, kann es sein, dass die Schüler drei Jahre ganz ohne Musikunterricht sind, bis in Stufe zehn Kunst und Musik verpflichtend werden.

Christian Höppner, Präsident des Landesmusikrates, nennt Zöllners Aussage deshalb Augenwischerei: „Musik ist für uns ein Fach wie Deutsch und Mathe, es ist elementarer Bestandteil der kulturellen Bildung, und man sollte es nicht abwählen können.“ Gegen den eklatanten Lehrermangel müsse dringend etwas unternommen werden. Ortwin Nimczik, Bundesvorsitzender des Verbands deutscher Schulmusiker, fordert, viel mehr Musiklehrer auszubilden und einzustellen. „Pianisten gibt es viel zu viele, aber das ist eine ganz andere Ausbildung.“ Pianisten könne man deshalb nicht ohne Weiteres als Lehrer einsetzen. Wie auch Höppner steht er Quereinsteigern eher ablehnend gegenüber. Zu beklagen sei auch, dass Musikunterricht oft ausfalle oder fachfremd erteilt werde. Fatina Keilani

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