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Schöneberg: Protest gegen Fusion mit Problemschule

In Schöneberg kämpfen Eltern und Rektoren gegen die Zusammenlegung zweier Grundschulen. Der Widerstand ist ungewöhnlich breit und professionell organisiert.

Bildungsstadtrat Dieter Hapel (CDU) hat mit seinem „Schulentwicklungsplan“ eine Welle der Empörung unter Eltern und Schulleitern in Tempelhof-Schöneberg ausgelöst. Über 20 Schulleiter stellen sich gegen Hapels Pläne, die unter anderem die Schließung der Grundschule am Barbarossaplatz vorsieht, die weit über den Kiez hinaus als Musterschule gilt. Die Schulleiter lehnen in ihrer gemeinsamen Stellungnahme „die vorgeschlagenen Maßnahmen aus fachlicher, pädagogischer, bildungs- und sozialpolitischer Sicht ab“.

Ungewöhnlich breit und professionell organisiert ist der Widerstand von 50 der betroffenen Eltern an der Barbarossa-Schule: mit einer eigenen Website, fünf Arbeitsgruppen – und einem vielstimmigen „Protestchor“, der gestern vor der Sitzung des Schulausschusses in der Rückert-Oberschule die Gründe für den Widerstand in Strophen gegossen hatte. Von den Bezirkspolitikern gewannen die Eltern Lars Oberg (SPD) für ihre Sache.

„Bei einer Schließung der Grundschule am Barbarossaplatz würden viele Eltern ihre Kinder auf Privatschulen oder in einem anderen Bezirk einschulen“, sagt Schulleiterin Lydia Sebold. Dass es in dem Konflikt um die Zusammenlegung von „gut“ und „schlecht“ beleumundeten Schöneberger Schulen im Grunde um die Errichtung gesellschaftlicher Barrieren zwischen Schöneberger Bürgertum und Migranten-Familien gehen könnte, hält sie für abwegig. Es bestehe vielmehr die Gefahr einer sozialen Entmischung des Kiezes: „40 Prozent unserer Kinder sind nicht deutscher Herkunft“, sagt Sebold. Weitere zwölf Prozent seien Kinder mit Handicaps. Zudem gebe es eine Förderklasse für den Spracherwerb. Die Barbarossa-Schule biete also eine gute, für das Lernklima förderliche soziale Mischung. Diese gelte es zu erhalten.

Bildungsstadtrat Dieter Hapel (CDU) beschwichtigt und spricht im Zusammenhang mit dem Schulentwicklungsplan von „Vorschlägen, Optionen und Möglichkeiten“ , die noch nicht verabschiedet seien. Er sagt aber auch, dass Fusionen eine bessere soziale Mischung an Schulen ermöglichen, deren Anteil von Kindern mit nicht deutscher Herkunft „auf 100 Prozent zusteuern“. Dazu zählen in Schöneberg die Teltow-Grundschule sowie die Neumark-Grundschule. „In Berlin überlässt man solche Schulen sich selbst“, sagt er. Und das verschärfe die soziale Entmischung in den Quartieren.

Durch Fusionen dieser Art wäre zumindest auf dem Papier das Problem gelöst, das zuletzt sogar der Chef der Grünen im Bund, Cem Özdemir, verurteilt hatte: Dass einige Berliner Schulen von keinem einzigen deutschen Schüler mehr besucht werden. Fusionen sind für Stadtrat Hapel auch unvermeidliche Folge der „beispiellosen Ökonomisierung der Schulen, die vom Senat vorgegeben wird“.

„Dies ist ein hausgemachtes Problem in Tempelhof-Schöneberg. Alle Bezirke erhalten nach dem selben Schlüssel das knappe Geld und müssen vorausschauend planen“, sagte Jens Stiller, Sprecher der Senatsschulverwaltung. Je mehr Schüler unterrichtet werden, desto mehr Geld vom Senat erhalten die Bezirke. Sind die Klassenzimmer dagegen halb leer, müssen die Bezirke für Betrieb und Unterhalt der Schulen draufzahlen. Die Schließung der Barbarossa-Schule, die mehr Bewerber als Plätze hat, soll hier einen Ausgleich schaffen. „Sparen ist ein legitimes Ziel, aber eine erfolgreiche Schule kaputtzusparen keine Schulpolitik“, sagt Sabine Kolloge von der Elterninitiative. In Tempelhof-Schöneberg wurde bereits die Schließung der „Grundschule im Taunusviertel" in Lichtenrade nach Protesten gestoppt. 

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