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Die Blattmacher.

© Luisa Hommerich

Schülerzeitung „OHnE“: Schreiben ist Gold

Deutschlands beste Schülerzeitung kommt aus Berlin-Charlottenburg.

Im Charlottenburger Kant-Café reden 15 junge Menschen wild durcheinander. „Ich will was über Edathy schreiben“, ruft ein Mädchen. „Kann ich mal die Artikel-Liste sehen?“, fragt ein Junge mit blauen Haaren. Und dann, jemand vom anderen Ende des Tisches: „Welches Titelthema nehmen wir denn jetzt?“

In der Redaktionskonferenz der Schülerzeitung „OHnE“ des Charlottenburger Heinz-Berggruen-Gymnasiums herrscht kreatives Chaos. Die Redakteure planen ihre nächste Zeitung, rühren in dampfenden Kakaotassen und diskutieren. Ihre bisherige Arbeit hat sich gelohnt: Ihr jüngstes Heft wurde beim Schülerzeitungs-Wettbewerb des Vereins Jugendpresse gerade als beste Gymnasiums-Schülerzeitung Deutschlands ausgezeichnet. Titelthema: „Widerstand“.

Johann Stephanowitz, 16 Jahre alt und einer der drei Chefredakteure, blättert stolz durch die 56 Gewinner-Seiten. Ströbele und Müntefering haben sie interviewt, den Protest der Flüchtlinge in Kreuzberg kommentiert und recherchiert, wie Schüler laut Gesetz in der Schule Widerstand leisten dürfen. Auch eine Lehrerkarikatur und das neueste Schul-Gerücht sind drin.

Wie schaffen sie es, zweimal im Jahr neben Hausaufgaben und Klausuren eine Zeitung mit so viel Inhalt und Niveau zu produzieren? „Man muss Kontinuität schaffen“, rät Johann Stephanowitz, „durch regelmäßige Treffen, feste Deadlines.“ Die haben sie, weil sie die Zeitung jeweils zum Sommerkonzert und zum Tag der offenen Tür verkaufen. „Und es muss Leute geben, die für die Zeitung geradezu leben.“ In der Klausurenphase saß er einmal bis tief in die Nacht am Layout, die Zeitung war in jenem Moment mindestens so wichtig wie die Kunst-Klausur am nächsten Morgen.

Design ähnelt dem Spiegel

1997 erschien die „OHnE“ zum ersten Mal, damals in Schwarz-Weiß, per Hand kopiert und zusammengetackert. Ihr Name stammt von den umgedrehten Initialen des ehemaligen Schulnamens „Erich-Hoepner-Oberschule“, plus einem „n“. Der Name blieb, doch heute ist die Zeitung bunt, gebunden, hat eine Auflage von 600, ihr Design ähnelt dem „Spiegel“. Den Preis können die Käufer frei wählen. Die Schüler organisieren alles alleine, kein Lehrer hilft.

Viele der „OHnE“-Redakteure wollen Journalisten oder Schriftsteller werden. Immerhin schreiben heute fast alle der ehemaligen Chefredakteure hauptberuflich. Schon jetzt sorgen die Blattmacher für Diskussionskultur an der Schule. „Manchmal wollen Lehrer die ganze Pause über unsere Artikel diskutieren“, erzählt Viktor Thies, 16 Jahre alt und einer der Chefredakteure. „Jüngere Schüler fühlen sich dagegen manchmal von dem großen Stellenwert der Politik in unserem Heft abgeschreckt“, vermutet Johann. Sie experimentieren deswegen noch mit einer „OHnE Junior“.

Zunächst einmal müssen sie aber überlegen, was sie mit dem Preisgeld machen: Im Juni werden sie im Bundesrat eine Urkunde und 1000 Euro entgegennehmen. „Davon gehen wir zusammen essen, und dann spenden wir einen Teil“, schlägt Johann vor, „vielleicht an eine Willkommensinitiative für Flüchtlinge.“ Das Stimmengewirr hebt wieder an. Die Juni-Ausgabe muss auch noch geplant werden. Wahrscheinlich wird sie das Titelthema „Hass“ haben.

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