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Berlin: Schutzpolizistinnen in Berlin: Bis ganz oben ist Keine gekommen

Die Berliner Polizei war vor zwanzig Jahren anderen Bundesländern voraus. Im Herbst 1980 wurden die ersten Frauen für die Schutzpolizei eingestellt.

Die Berliner Polizei war vor zwanzig Jahren anderen Bundesländern voraus. Im Herbst 1980 wurden die ersten Frauen für die Schutzpolizei eingestellt. Bis dahin gab es Frauen nur in der Kriminalpolizei. Inzwischen sind Frauen in Polizeiuniform alltäglich geworden: 2116 Beamtinnen verrichten derzeit ihren Dienst bei der Schutzpolizei, 727 bei der Kripo und weitere 512 befinden sich in der Ausbildung. Rund 20 Prozent der 18 000 Polizisten sind damit weiblich.

"Wenn heute eine Polizistin den Raum betritt", sagt denn auch die Gesamtfrauenvertreterin Christiane Hoffmann, "geht bei den Männern nicht mehr automatisch das Licht an". Vor 20 Jahren sah das anders aus. "Etwas exotisch waren wir damals schon", erinnert sich Erika Heinemeyer, die im Oktober 1980 mit weiteren 80 jungen Frauen ihre Ausbildung als Schutzpolizistin begann. Auch Beatrice Bruckart, die 1981 bei der Polizei anfing, bestätigt, dass Frauen damals "ganz anders beäugt" wurden und sich "durchkämpfen" mussten, um in der Männerdomäne akzeptiert zu werden.

Das hatte auch damit zu tun, dass sie von den Männern als gefährliche Konkurrenz beim beruflichen Aufstieg angesehen wurden. Inzwischen wird Frauen häufig eine höhere Sozialkompetenz im Umgang mit den Bürgern und eine positive, weil ausgleichende Rolle im inneren Gefüge der Polizei zugeschrieben. Christiane Hoffmann attestiert ihnen zudem ein stärkeres Rechtsempfinden. Für die nachfolgenden Jahrgänge ist es leichter geworden, sich in der Polizei einzuleben. Doch mit den Männern gleich gezogen haben die Frauen damit noch nicht.

Von den Frauen der ersten Stunde hat es keine einzige geschafft, bis in die obere Führungsriege zu gelangen. Die sechs Frauen in der Leitungsebene des höheren Dienstes der Schutzpolizei sind keine Aufstiegsbeamtinnen, sondern sogenannte Seiteneinsteigerinnen, die in der Regel vorher ein Studium absolviert haben. Wie die Polizeihauptmeisterin Beatrice Bruckart und die Polizeihauptkommissarin Erika Heinemeyer befinden sich die meisten Frauen im mittleren (1808) und gehobenen Dienst (302). Dort werden sie überwiegend auch bleiben.

Für die Frauenvertreterin Christiane Hoffmann hat dies vor allem zwei Gründe. Während Männer meist genau wüßten, wie ihre Karriere verlaufen soll, nähmen Frauen eine eher "abwartende Haltung" ein. Sie hofften darauf, dass sie von ihren Vorgesetzten "bemerkt werden". Doch dazu seien immer noch "mehr als 100-prozentige Leistungen notwendig". Noch entscheidender aber sei der "Karriereknick Kind". Wer zur Kindererziehung einige Jahre ausscheidet, an dem sind die Kollegen längst vorbei gezogen - und der Stellenplan ist eng.

Auch an einem anderen Problem hat sich in 20 Jahren wenig geändert: Machogehabe und Anzüglichkeiten bis hin zu sexuellen Belästigungen. Am Anfang, so sagen Frauen, waren Polizistinnen je nach Aussehen für die Kollegen entweder "Mannweiber" oder "Weibchen". Entsprechend hätten sie sich dann auch verhalten. Einen Eindruck, wie verbreitet das Problem ist, vermitteln jedoch anonyme Befragungen des vergangenen Jahres. Danach sind in Hamburg über 40 Prozent damit konfrontiert, in München und Nordrhein-Westfalen ist es ähnlich. Für Berlin fehlen solche Untersuchungen. Dass aber auch hier insbesondere die rangniedrigen Beamtinnen im Alter bis zu 30 Jahren über das Verhalten oder Übergriffe von Kollegen klagen, bestätigen auch die Frauenvertreterinnen Hoffmann, Bruckart und Heinemeyer. Doch nur selten sind die betroffenen Frauen bereit, offensiv und öffentlich dagegen vorzugehen.

Die Frage, "was geschieht danach?", halte Beamtinnen davon ab, sich gegen Übergriffe ihrer Kollegen zur Wehr zu setzen, sagt Erika Heinemeyer. Also betonen die Frauenvertreterinnen lieber die positiven Entwicklungen im täglichen Miteinander der Geschlechter. Das hat Grenzen. Bei einer aktuellen Umfrage des polizeilichen Nachwuchses auf mehreren Abschnitten und Hundertschaften erklärten 16,4 Prozent der Befragten beiderlei Geschlechtes, dass sie Frauen nicht als Vorgesetzte akzeptieren. Knapp 64 Prozent meinten zudem auf die Frage, was vom gegenwärtigen Frauenanteil zu halten sei: "Das reicht".

Otto Diederichs

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