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Gesundheit: „Schweren Herzens“

Unipräsident Jürgen Mlynek verteidigt die Stellenstreichungen – und will das Naturkundemuseum retten

Herr Mlynek, die Stellenstreichungsliste verursacht an der Humboldt-Uni Unruhe. Studenten protestieren, Wissenschaftler beklagen, das Präsidium habe die Personalkürzungen verkündet, ohne eine interne Diskussion abzuwarten. Sind Sie vielleicht zu früh mit Ihren Plänen an die Öffentlichkeit gegangen?

Ich denke nein. Die Uni-Leitung hat im Juli einen klaren Auftrag vom Akademischen Senat bekommen, ein Konzept vorzulegen. Das haben wir getan. Nun werden die Fakultäten beraten. Im Januar können wir den Plan dann voraussichtlich verabschieden.

Die Uni hat sich noch nicht mit der Freien und der Technischen Universität bis zu Ende abgestimmt, und die Politik will auch noch mitentscheiden. Mit welchen Verschiebungen in Ihren Plänen rechnen Sie?

Welche Verschiebungen es gibt, ist offen. Unser Vorschlag jedenfalls ist in sich stimmig. Mit der FU haben wir bereits Sondierungsgespräche geführt, und wir hoffen, dass es auch bald zu Gesprächen mit der TU kommt.

Die Landwirtschaftlich-Gärtnerische Fakultät soll ganz geschlossen werden. Warum?

Jedes Fach wurde einer Stärken-Schwächen-Analyse unterzogen. Es gibt aber noch andere Kriterien. Zum Beispiel, in welcher Art ein Fach mit anderen vernetzt ist oder wie viele Professoren bald in Pension gehen. Wenn man 90 Professuren sparen muss, kommt man nicht umhin, diese Fakultät wenn auch schweren Herzens zu schließen.

Hat die Fakultät schlecht bei der Stärken-Schwächen-Analyse abgeschnitten?

Demnächst stellen wir eine Evaluation der Forschung der Fakultät vor. Daraus ist ersichtlich, dass es dort sowohl gute als auch schwächere Bereiche gibt.

Was wird aus den Studenten?

Für die Studenten besteht Vertrauensschutz: Jeder kann sein Studium zu Ende führen. Ich habe immer gesagt, dass die Kürzungen durch den Berliner Senat zu drastischen Einschnitten an den Unis führen. Jetzt sehen Sie die Auswirkungen.

Die Kirche protestiert dagegen, dass Sie fünf von zehn Professuren der Theologie streichen und die Fakultät in ein Institut umwandeln wollen. Professor Richard Schröder sagt, dann könne nur noch eine Notausbildung für Pfarrer geleistet werden könne. Was antworten Sie ihm?

Wenn man die Größe der Fakultät vergleicht mit der anderer Fakultäten in Deutschland, dann sind zehn Professuren nicht wenig. Andernorts kann man damit sehr wohl den Verpflichtungen in der Lehre nachkommen und attraktive Forschung betreiben. Mir scheint, dass die Fakultät die Stellenstreichungen auch nicht als so großes Problem empfindet wie ihre geplante Umwandlung in ein Institut. Das hängt mit dem Selbstverständnis der HU-Theologie zusammen, und darüber wird zu reden sein.

Welche Rolle spielt der Kirchenstaatsvertrag, auf den die Kirche pocht? Dort ist die Professurenzahl von 15 festgeschrieben, aber unterschrieben wurde er nicht.

Ich hatte ein Gespräch mit Bischof Huber, der mir seine Bedenken vorgetragen hat. Bisher gehen wir davon aus, dass wir die rechtlichen Möglichkeiten zur Reduzierung haben.

Man hat der Unileitung öffentlich vorgeworfen, mit der Streichung in der Theologie etwas zu Ende zu führen, was den Sozialisten nicht gänzlich gelungen ist. Haben Sie keine Sorge, das Image der Uni könnte Schaden nehmen?

Wir werden jedem einzelnen Fach in Gesprächen begründen, warum unser Vorschlag so aussieht. Es gibt durchaus Schwächen bei den Theologen in der Forschung und der Lehre. Sachfremde Gründe spielen nicht die geringste Rolle. Wir erkennen auch an, dass die Theologie in letzter Zeit große Anstrengungen unternommen hat, in der Forschung aktiver zu werden.

Während fast kein Institut alle seine Stellen behalten darf, werden für die neue Fakultät Lebenswissenschaften zehn Professuren eingerichtet. Warum?

Wir wollen mit der Fakultät für Lebenswissenschaften die Biologie, die Biomedizin und die Medizin zu einer stärkeren Kooperation animieren. Daher soll auch das Museum für Naturkunde dieser Fakultät angehören.

Das Museum für Naturkunde der HU befindet sich seit langem in einem maroden Zustand. Es hat offenbar nie zu den Prioritäten der HU gehört. Ist die Uni mit dem Projekt Naturkundemuseum nicht völlig überfordert, und wäre das Museum nicht besser in der Leibniz-Gemeinschaft aufgehoben?

Für mich hatte das Museum immer Priorität. Gleich nach meinem Amtsantritt habe ich eine Expertenkommission eingesetzt, die ein Konzept für die Zukunft erstellen sollte. Eine Empfehlung war, einen Generaldirektor zu benennen. Ich bin sicher, dass wir eine herausragende Persönlichkeit für den Posten gewinnen können. Bei der Sanierung der Gebäude haben wir aufgrund der finanziellen Lage nur beschränkte Handlungsmöglichkeiten. Wenn die Möglichkeit bestünde, in die Leibniz-Gemeinschaft aufgenommen zu werden, würden wir das unterstützen.

Ist damit zu rechnen, dass die HU in Zukunft Leistungen der TU in der Lehrerausbildung wird mit erbringen müssen?

Das wird man sehen, wenn die Abstimmung läuft. Wir jedenfalls wollen die Lehrerbildung – und zwar richtig: mit Master- und Bachelorabschlüssen und einer gestärkten Fachdidaktik, trotz der Finanzlage.

Sie wollen auch 100 Stellen in der Verwaltung kürzen. Zurzeit untersucht das Hochschulinformationszentrum (HIS) die Uni-Verwaltungen auf weiteres Sparpotenzial. Rechnen Sie damit, dass Ihnen das Benchmarking noch ungeahnte Möglichkeiten aufzeigen wird?

Die ersten Ergebnisse dieser Untersuchung weisen darauf hin, dass die Verwaltung und die Serviceeinrichtungen nicht überbesetzt sind. Wenn wir dort abbauen – und wir werden dort abbauen müssen – kommen wir nicht umhin, die Leistungen zu reduzieren. Dann werden die Bibliotheken und Computerzentren kürzere Öffnungszeiten haben.

Sie haben betriebsbedingte Kündigungen nicht völlig ausgeschlossen. Ist das realistisch?

Es gibt eine Vereinbarung, die betriebsbedingte Kündigung bis 2004 ausschließt. Alles weitere wird mit den Tarfiverhandlungen geklärt. Sie verlaufen aber so zäh und mühsam, dass ich ein Scheitern der Gespräche nicht ausschließe.

Das Gespräch führte Anja Kühne.

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