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Berlin: „Selbstverständlich sind wir zum Regieren bereit“

Die Grünen-Politikerin Franziska Eichstädt-Bohlig wirft dem rot-roten Senat mangelnden Gestaltungswillen vor

Frau Eichstädt-Bohlig, Sie möchten gern Spitzenkandidatin der Grünen für die Abgeordnetenhauswahl werden. Warum?

Ich war elf Jahre in der Bundespolitik und habe das Gefühl, dass es Berlin und seinen Parteien gut täte, den bundespolitischen Blick stärker einzubeziehen. Außerdem habe ich mich viel mit Berlin befasst und könnte einiges bewegen, was sinnvoll ist für diese Stadt.

Etwas bewegen – in der Opposition oder in der nächsten Landesregierung?

Die Berliner Grünen sind selbstverständlich bereit, Regierungsverantwortung zu übernehmen. Verkämpfen werden wir uns aber nicht. Klaus Wowereit sendet ja ständig das Signal aus, dass es ihm angenehmer wäre, mit der Linkspartei gemütlich weiterzuregieren. Wenn es so kommen sollte, werden die Grünen eine kreative Oppositionsarbeit leisten.

Klaus Wowereit sagt, dass er Rot-Grün nicht ausschließt.

Ja, aber das sagt er mit so einer gönnerhaften Attitüde. Es wäre ihm offenbar lieber, nicht aktiv grün gefordert zu werden.

Rot-Rot-Grün – das ginge doch auch?

Da bin ich nicht sehr scharf drauf. Lassen Sie uns erst einmal sehen, wie die Wahl am 17. September ausgeht.

Was haben Sie gegen die Linkspartei?

Diese Partei spielt mit gezinkten Karten. Einerseits lässt sie der SPD großen Spielraum im Regierungshandeln und trägt alle Sparmaßnahmen mit. Andererseits geht sie auf die Straße, um den Menschen soziale Wohltaten zu versprechen. Diese Methode geht mir gegen den Strich. Das ist nicht glaubwürdig.

Was halten Sie vom rot-roten Senat?

Es fehlt der Gestaltungswille. Es wurde brav gespart, das muss man anerkennen, aber den aktiven Willen zur Gestaltung der Zukunft sehe ich nicht. Ich ärgere mich auch über den Regierenden Bürgermeister, der gern nach außen trägt, was andere für Berlin leisten sollen und was er vom Bund erwartet. Was macht Berlin denn selbst?

Haben Sie eine Idee?

Die Potenziale der Hauptstadt wurden bisher zu wenig genutzt. Eberhard Diepgen war immer nur Bittsteller, sein Amtsnachfolger Wowereit hat diese Rolle weitgehend übernommen. Berlin müsste sehr viel aktiver im Bundesrat werden. Um ein anderes Beispiel zu nennen: Das Förderprogramm des Bundes für Energiesparmaßnahmen wurde von Berlin kaum genutzt. Auch in die Pläne der Bahn hätte sich Berlin rechtzeitig einmischen sollen.

Schauen wir auf die Grünen, die bundesweit in die Opposition gerutscht sind. Nagt das nicht am Selbstbewusstsein?

Etwas schon, aber in Berlin sind wir viel zu beschäftigt und bereiten den Wahlkampf vor. Natürlich denken die Grünen über ihre Rolle neu nach und sind dabei, sich neu zu verorten und ihren Gestaltungswillen herauszuarbeiten.

Gestalten heißt regieren. Was wäre, wenn die Grünen in Berlin wieder mitregieren?

In Berlin wollen wir verstärkt auf Wirtschaft und Arbeit setzen. Ich persönlich möchte dies mit der Energie- und Umweltpolitik verbinden. Darum hat sich der Senat in den vergangenen Jahren viel zu wenig gekümmert. Außerdem wollen wir der Bildungspolitik ein grünes Profil geben. Das dritte große Thema ist die Stadtpolitik und Stadtentwicklung: Mehr Lebensqualität, weniger Autos, ein kinderfreundliches Berlin.

Es wird, nach den Sommerferien, ein kurzer Wahlkampf. Die Wähler wollen sich nicht erst lange an unbekannte Gesichter gewöhnen. Wie wird das Wahlkampf-Team der Grünen aussehen?

Ich selbst bin nicht ganz unbekannt. Außerdem werden wir gute Unterstützung aus der Bundespartei bekommen. Angefangen mit Renate Künast, Jürgen Trittin und Michaele Schreyer, aber auch Parteifreunde aus der zweiten und dritten Reihe werden helfen, die gute Kontakte in die unterschiedlichen gesellschaftlichen Kreise haben.

Wird es nicht ein langweiliger Wahlkampf? Mit einer kopflosen CDU?

Von Seiten der Grünen wird der Wahlkampf ganz bestimmt nicht langweilig. Das Defizit der CDU nehmen wir als Herausforderung für uns auf.

Sie wollen die CDU-Klientel übernehmen?

Wer die Zukunft aktiv gestalten will, sollte die Grünen wählen. Diese Wähler nehmen wir alle gern mit.

Schwarz-Grün…

… wäre auch dann nicht sonderlich diskutabel gewesen, wenn es der CDU besser ginge. Die Schwarzen haben ihre guten Leute systematisch in die Wüste, bestenfalls in die Bundespolitik geschickt. Die CDU hat alles getan, um sich zu schwächen statt sich zu modernisieren.

Könnte es sein, dass Sie nach der Wahl Senatorin werden wollen?

Ach wissen Sie, das ist so eine typische Journalistenfrage. Das Fell des Bären wird erst verteilt, wenn er erlegt ist.

Das Gespräch führte U. Zawatka-Gerlach.

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