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Berlin: Senat bietet Berlins Polizeinachwuchs anderen Ländern an Die Ausbildung kostet pro Kopf 100 000 Euro Aus Spargründen werden keine neuen Azubis eingestellt

Von Otto Diederichs Polizeischüler, die ihre Ausbildung beendet haben, aber aus Spargründen nicht in die Berliner Polizei übernommen werden, sollen ab nächstem Jahr anderen Länderpolizeien angeboten werden. Das behauptet zumindest der Berliner Landesvorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG), Rolf Taßler.

Von Otto Diederichs

Polizeischüler, die ihre Ausbildung beendet haben, aber aus Spargründen nicht in die Berliner Polizei übernommen werden, sollen ab nächstem Jahr anderen Länderpolizeien angeboten werden. Das behauptet zumindest der Berliner Landesvorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG), Rolf Taßler. Er spricht von einem „Ausverkauf der Berliner Polizei". Von einer direkten „Berufsvermittlung“ will man bei der Innenverwaltung aber nicht sprechen. Richtig sei vielmehr, dass Innensenator Ehrhart Körting (SPD) „im Sinne einer Fürsorge“ für eine Übernahme von Berliner Nachwuchspolizisten werbe. Konkret gehe es dabei um rund 400 Auszubildende.

Die Mühe könnte sich Körting vermutlich sparen, denn Bundes- und Landesbehörden sind längst dabei, ihren Nachwuchs in Berlin zu suchen und so eigene Ausbildungskosten zu sparen. So interessiert sich etwa der Bundesnachrichtendienst (BND) für die Studierenden des Fachbereiches 1 (Allgemeine Verwaltung) an der Fachhochschule für Verwaltung und Rechtspflege (FHVR) in Friedrichsfelde, wie BND-Sprecherin Michaela Heber dem Tagesspiegel bestätigte. Danach organisierten Vertreter ihrer Behörde bereits im Februar und Mai an der FHVR zwei entsprechende Werbeveranstaltungen. Bei Verwaltungswirten habe der BND immer „einen großen Bedarf an qualifizierten Bewerbern“, sagt Michaela Heber. Die Berliner FHVR-Absolventen könne man „so übernehmen“, heißt es, lediglich für den Bereich des Geheimschutzes und den Umgang mit Verschlusssachen müssten hausintern zusätzlich „berufsbegleitende Lehrgänge“ absolviert werden.

Interesse an den Berliner Verwaltungswirten zeigte im April auch die Kölner Stadtverwaltung, die etwa 80 Stellen in ihrer Sozialverwaltung besetzen will. Und auch unter den Berliner Polizeiazubis gibt es nach Informationen von Claudia Hartmann vom Vorstand der „Jungen Gruppe“ in der Gewerkschaft der Polizei (GdP) längst „zunehmende Abwanderungsbestrebungen". Sowohl vom Fachbereich III der FHVR (Polizeivollzugsdienst), wo der gehobene Polizeidienst ausgebildet wird, wie auch vom mittleren Dienst an der Landespolizeischule bewerben sich immer mehr Auszubildende bei anderen Länderpolizeien und beim Bundesgrenzschutz. Hartmann hat wenig Verständnis dafür , dass Berlin für die Ausbildung des Polizeinachwuchses pro Kopf etwa 100 000 Euro aufwendet, ihm dann aber keine Perspektive bietet. Sie befürchtet, dass es vor allem die „besonders dynamischen, mobilen und motivierten Absolventen sein werden, die außerhalb Berlins eine berufliche Chance bekommen. Gerade sie würden wir auch hier in Berlin brauchen".

Nach Angaben der Innenverwaltung werden bei der Polizei in diesem Jahr noch alle 580 und bei der Feuerwehr 140 Auszubildende nach bestandener Prüfung übernommen. 148 an der FHVR ausgebildete Polizei- und Kriminalkommissare haben am 31. Mai ihre Ernennungsurkunde erhalten. Für die Folgejahre 2003 und 2004, so Körtings Sprecherin Henrike Morgenstern, könne man jedoch „keine Zusagen mehr machen, da die Personalplanung noch nicht abgeschlossen“ sei. Betroffen sein könnten davon bei der Polizei bis Ende 2003 knapp 900 Azubis.

In seiner Vorlage an den Unterausschuss Stellenwirtschaft des Abgeordnetenhauses beziffert Körting die Zahl der voraussichtlich ausscheidenden Beschäftigten im Vollzugs- und Verwaltungsdienst der Berliner Polizei für den Zeitraum 2002 bis 2004 auf rund 800 Personen jährlich. Zwar seien im Frühjahr noch einmal 291 Auszubildende eingestellt worden, doch „zu weiteren Ausbildungseinstellungen wird es 2002 aufgrund der Haushaltssituation voraussichtlich nicht mehr kommen können“, heißt es dort. Nach Angaben der GdP soll es frühestens in einem Jahr wieder Neueinstellungen geben. Ähnliches gilt offenbar auch für die polizeilichen Aufstiegslehrgänge. Der gegenwärtig durchgeführte Lehrgang läuft zum Monatsende aus. Ob es danach im Herbst wieder einen neuen geben wird, gilt derzeit noch als unklar.

Aus Polizeikreisen ist zu hören, dass die einzusparenden Gelder erst einmal dazu verwendet werden sollen, den bereits jetzt bestehenden Beförderungsstau von etwa 2000 Polizeibeamten und -beamtinnen, die sich im so genannten Wartejahr befinden, abzubauen. Solche Überlegungen werden von Körtings Sprecherin jedoch dementiert: „Zwischen Neueinstellungen und Beförderungen gibt es keinen Zusammenhang.“

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