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Berlin: Senator für 168 Tage

SPD-Politiker Wolfgang Büsch ist gestorben Der Tod Benno Ohnesorgs kostete ihn 1967 das Amt.

Den SPD-Politiker Wolfgang Büsch und den Studenten Benno Ohnesorg verband im Jahr 1967 wenig mehr als ein tragischer Zufall: Beide waren auf ihre Weise zur falschen Zeit am falschen Ort. Als der Polizist und später als Stasi-Spitzel enttarnte Karl-Heinz Kurras am 2. Juni 1967 am Rande der Anti-Schah-Demonstration die tödlichen Schüsse auf den FU-Studenten Ohnesorg abgab, war Büsch Innensenator. Erst wenige Wochen zuvor war der 38-jährige Jurist vom Regierenden Bürgermeister Heinrich Albertz mit dem Amt betraut worden. Nach 168 Tagen war seine politische Karriere am Ende. Am 17. April ist Büsch im Alter von 85 Jahren in einem Berliner Pflegeheim verstorben.

Von den traditionellen Rechts-Links- Machtkämpfen der Berliner SPD hatte sich Büsch, der mit 28 Jahren ins Abgeordnetenhaus eingezogen war, stets ferngehalten. Albertz war auf unverbrauchte Leute wie Büsch angewiesen, als er die Nachfolge Willy Brandts antrat. Als die rechten und linken Vorleute der Partei diesen Plan durchschauten, schlossen sie einen unnatürlichen Pakt gegen die Albertz-Gruppe, die sich im Rathaus Schöneberg verschanzt hatte. Der junge Innensenator Büsch wurde vorgeschickt, um diesen Pakt zu verhindern: Er kandidierte auf dem Landesparteitag Ende Mai 1967 vergeblich für den SPD-Landesvorsitz. Nicht die Rathaus-Gruppe hatte die Partei erobert, sondern die Flügel schickten sich an, das Rathaus zu erobern.

Der Name des Innensenators Wolfgang Büsch wird immer mit den Todesschüssen auf Ohnesorg am darauffolgenden Wochenende verbunden bleiben. Büsch hatte Bedenken gegen die polizeiliche Planung angemeldet; doch die erfahrenen Polizeioffiziere setzten sich über den jungen Senator hinweg. Von der Prügelorgie „seiner“ Polizei vor der Deutschen Oper bekam er nichts mit, weil er meinte, wegen einer Bombendrohung in der Oper bleiben zu müssen. Als oberster Dienstherr verlangte Büsch in scharfem Ton Rechenschaft von der Polizeiführung – und bot zugleich den Rücktritt an. Im September 1967 schließlich opferte Albertz seinen Innensenator und würdigte im Parlament, dass Büsch die Verantwortung übernommen habe, obwohl „persönliches Fehlverhalten“ nicht vorlag. Eine Woche darauf trat auch Albertz zurück, um dem Abwahlantrag der eigenen Fraktion zuvorzukommen.

Klaus Wowereit erinnerte daran, dass der Rücktritt Büschs „getragen war von moralischer Konsequenz und von Verantwortungsbewusstsein, der damals wie heute Respekt verdient.“ Uwe Soukup

Uwe Soukup

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