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Der Rektor des Canisius-Kollegs, Klaus Mertes, nahm am Wochenende an den Gesprächen teil. Er hatte Anfang des Jahres sexuelle Übergriffe an dem Gymnasium in Tiergarten öffentlich gemacht und damit die Missbrauchs-Debatte ins Rollen gebracht.

© dpa

Sexuelle Übergriffe am Canisius-Kolleg: Streit um Entschädigung für Missbrauchsopfer - Vor fünf Jahren

Vor fünf Jahren haben die Opfer von sexuellem Missbrauch an Jesuitenschulen mehr Schmerzensgeld gefordert. Sie bezeichneten die geplante Entschädigung in Höhe von 5000 Euro als "lächerlich". Die Nachrichtenagentur dpa berichtete damals von den Gesprächen mit den ranghöchsten Vertretern des Ordens.

Frühere Missbrauchsopfer an Jesuitenschulen wollen keine „symbolische“, sondern eine „angemessene“ Entschädigung von 82 373 Euro pro Fall. Das haben sie Vertretern des Ordens am Wochenende in Berlin deutlich gemacht. Der Sprecher der Opfer, Matthias Katsch, sagte nach dem Treffen, das Angebot der Jesuiten über eine „Summe im vierstelligen Bereich“ sei abgelehnt worden. Die Missbrauchsopfer wollen sich mit ihren Forderungen jetzt an die Bischofskonferenz wenden, die am Montag in Fulda beginnt.

Die geforderte Summe sei der Durchschnitt, der in den vergangenen Jahren bei Gerichten in Deutschland und Österreich an Schmerzensgeld „für Schäden an der Seele“ durchgesetzt worden sei, sagte Katsch. Das Gespräch war auf Einladung des sogenannten eckigen Tisches der Betroffenen zustande gekommen.

Für die Jesuiten nahmen deren oberster Vertreter in Deutschland, Stefan Kiechle, sowie der Rektor des Berliner Canisius-Kollegs, Klaus Mertes, und der Direktor des Kollegs Sankt Blasien, Johannes Siebner, teil. Mertes hatte zu Beginn des Jahres sexuelle Übergriffe von Padres an dem Berliner Gymnasium in den 1970er und 1980er Jahren öffentlich gemacht und damit die Debatte um Missbrauch in der katholischen Kirche Deutschlands ins Rollen gebracht.

Die Vertreter des Ordens hätten verdeutlicht, dass sie zahlen wollten, aber nicht könnten, sagte Katsch. „Dann müssen wir mit denen reden, die die Hosen anhaben.“ Der Konflikt soll deshalb die Herbstvollversammlung der Bischofskonferenz erreichen. „Wir fordern die Verantwortlichen auf, sich mit uns an einen eckigen Tisch zu setzen.“ Die Jesuiten seien nur ein Teil der katholischen Kirche. „Wir sind Opfer der gewalttätigen und missbräuchlichen Erziehungstradition des Jesuitenordens. Die Taten sind ohne die sexualfeindliche Morallehre der katholischen Kirche nicht denkbar“, hieß es in einer nach dem Treffen verbreiteten Mitteilung der Opfer.

Diese wünschen außerdem eine Ablösung der von den Jesuiten eingesetzten Beauftragten, Rechtsanwältin Ursula Raue, und schlugen vor, die frühere Bundesgesundheitsministerin Andrea Fischer mit dieser Aufgabe zu betrauen. Fischer hatte die Veranstaltung in Berlin moderiert. „Ich bin bereit, darüber zu reden“, sagte Fischer. Die Aufgabe sei aber keine, um die man sich reiße.

Jesuiten-Provinzial Kiechle hatte in der zurückliegenden Woche gesagt, über die Höhe der Entschädigungen müsse noch geredet werden. „Ich glaube, die Jesuiten haben verstanden, dass sie sich mit 5000 Euro lächerlich machen“, sagte ein 37-jähriger ehemaliger Schüler nun. Laut Kiechle haben sich insgesamt 200 ehemalige Schüler gemeldet und gesagt, dass ihnen sexuelle Gewalt angetan wurde. „Wie viele von ihnen auch eine Entschädigung wollen, wissen wir nicht.“ dpa

Der Beitrag erscheint in unserer Rubrik "Vor fünf Jahren"

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