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Berlin: Sie wollen doch nur spielen

Am Alex kämpfen Computerfreaks um die deutsche Meisterschaft – drei Tage lang von früh bis spät

Als der Wettbewerb um die deutsche Meisterschaft beginnen soll, herrscht im Cubix-Kino am Alex noch große Hektik. Junge Männer laufen herein, Tastaturen unter die Arme geklemmt, Mädchen in roten T-Shirts mit der Aufschrift „Staff“ rennen hierhin und dorthin, auf Anruf oder auf Zurufe wie „Mein Netzwerk geht nicht!“ Noch bis heute Abend wird hier die deutsche Meisterschaft im Computerspielen ausgetragen.

Dass sich der Beginn der Spiele ständig verschiebt, die Leinwände in den beiden Kinosälen immer wieder schwarz werden, stört hier niemanden. Schließlich haben die 150 Spieler, zumeist Männer um die 20, sich ohnehin darauf eingestellt, den Großteil der Nacht hier zu verbringen. Und die Nacht darauf auch. Das gehört zum Spielen dazu, und außerdem haben sie sich nicht umsonst durch endlose Vorwettbewerbe mit 70 000 Konkurrenten gekämpft. Anspannung mischt sich mit Partystimmung. Einige Teams haben sich schon um die 80 Computer versammelt und üben sich in Fußball und Autorennen, während andere im Foyer stehen und plaudern. Am Tresen versorgen sie sich mit Kartoffelsalat, Buletten und Energydrinks. „Das hat schon was, so ein großes Event in so einem Kino“, sagt Falk Rothaar alias Scheitan, was zu Deutsch Teufel heißt. Durch sein schwarzes Trikot weist er sich als Mitglied des „Stoßtrupps Steiner“ aus. Das steht neben etlichen Sponsorennamen in Frakturschrift quer über den Rücken. „Stoßtrupp Steiner“ ist ein so genannter Clan, ein Computerspielerverein, einer der größten Deutschlands. Rothaar nennt sich „Kampfgruppen-Leader“, und sein Clan ist hier, um mit acht Spielern den Meistertitel im Kriegsspiel „Battlefield“ zu erringen. „Aber wir sind entschieden gegen den rechten Touch“, sagt Rothaar. Der Name komme aus einem Antikriegsfilm.

„Wir kommen aus ganz Deutschland, vom Ruhrgebiet bis Frankfurt“, berichtet sein Clankollege Sebastian Zocher, mit Spielernamen „Otti“. Alle Berufe seien dabei, „von Schüler bis Lehrer“. Die 177 Mitglieder des Clans mit dem Motto „Einigkeit – Zusammengehörigkeit – Teamplay“ treffen sich jeden Abend im Internet. Und einmal im Jahr machen sie auch ein Clantreffen mit Zelten und Lagerfeuer.

Der 20-jährige Student Alexander Bauer aus Kassel, der sich „Kurt Behrens“ nennt, gehört zur Konkurrenz vom Team „StarComa“. Auch seine Leute sind aus ganz Deutschland angereist, um Battlefield zu spielen. Aber nur zu siebt, weil ein Spieler einen Unitermin hatte. Jetzt müssen sie in Unterzahl gegen acht Gegner antreten. Bauer rechnet sich trotzdem Chancen aus. „Man kennt ja alle, ihre Stärken und Schwächen“, sagt er. Außerdem habe er in letzter Zeit extra nicht jeden Tag drei Stunden vor dem Computer gesessen. „Manchmal ist es besser, wenn man weniger spielt, um sich aufs Wesentliche zu konzentrieren“, sagt er. Eigentlich gar nichts mit Computerspielen im Sinn hat die Studentin Stefanie Mayerosch, die sich durch ein Namensschild als „Hostess“ ausweist. Sie ist dabei, weil ihr Ex-Freund zu den Organisatoren gehört. „Durch den habe ich einen Einblick ins Gaming bekommen“, sagt sie, und zieht gequält die Augenbrauen hoch.

Die Computerspiel-Liga im Internet: www.ngl-europe.com

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