zum Hauptinhalt

Berlin: Singles: Verwitwet, kinderlos, aktiv und unabhängig sucht ... - Die Singles der Generation 50 plus

Tausend Tipps gibt es, wie sich Sonn- und Feiertage in vertrauter Einsamkeit am besten ertragen lassen - und wie ein Single Teil eines Doubles werden kann. Schließlich leben wir ja in der Single-Hauptstadt.

Tausend Tipps gibt es, wie sich Sonn- und Feiertage in vertrauter Einsamkeit am besten ertragen lassen - und wie ein Single Teil eines Doubles werden kann. Schließlich leben wir ja in der Single-Hauptstadt. Doch an den Solisten der Generation "50 plus" geht das alles fast völlig vorbei. Dabei ärgern auch sie sich über horrende Einzelzimmerzuschläge auf Urlaubsreisen und die Lebensmittelpreise für Kleinhaushalte, und zuweilen wünschen auch sie sich, jemanden zu finden, der mit ihnen das Doppelzimmer, die Liter-Packung Milch und vielleicht sogar den Rest des Lebens teilt.

"Auch der Herbst hat für jeden von uns noch viele schöne Tage!", buhlt eine Senioren-Partner-Vermittlung um bindungswillige Alte wie den 65-jährigen Horst. Der allerdings fühlt sich weder wie im Herbst, noch käme er auf die Idee, die Suche nach einer Partnerin einem Dritten zu überlassen. "Ich habe doch genug Zeit, mich selbst darum zu kümmern", sagt er, "und außerdem sind Zeitungsinserate billiger." 37 Jahre war Horst verheiratet ("meistens glücklich"), als seine Frau vor zwei Jahren starb. Im Sommer 1999 hatte er "den Schock halbwegs überwunden". Ein guter Bekannter, der seine Lebensgefährtin per Kontaktanzeige gefunden hatte, riet ihm, es doch selbst mal so zu versuchen. "Zuerst erschien mir die Idee völlig absurd", sagt er. Kurz darauf ertappte er sich bei der Lektüre von Annoncen, in denen Frauen Männer suchten, und dann schrieb er an Annerose.

"Der Text von ihr klang wirklich sehr sympathisch." Das Rendezvous jedoch war für Horst ernüchternd: "Sie erzählte fast ununterbrochen von ihrem verstorbenen Mann, ihren wohlgeratenen Kindern und war an mir so wenig interessiert wie an den Dingen, die sie als Hobbys angegeben hatte." Noch auf dem Heimweg in der U-Bahn begann er, ein eigenes Inserat zu formulieren.

Annerose war nichts für Horst

"Im Grunde habe ich ja gar keine großen Erwartungen an meine zukünftige Partnerin. Spaß an gemeinsamen Ausflügen und Reisen sollte sie haben und Interesse an Theater- oder Konzertbesuchen. Dass man sich mit ihr gut unterhalten kann, ist mir natürlich auch wichtig." Er blättert im Aktenordner und fördert die Zuschriften zweier Frauen zutage, an denen er richtig interessiert war. "Leider", sagt er, "beruhte das anscheinend nicht auf Gegenseitigkeit." Also sucht er weiter. "Im Endeffekt geht es mir wirklich darum, im Alter nicht allein sein zu müssen."

Das ist auch das Ziel von Sabine, einer 70-jährigen ehemaligen Journalistin - "Ost", wie sie betont. Sie ist verwitwet, kinderlos, gut situiert, also unabhängig. Seit Monaten - "ich habe in jeder Lokalzeitung und jedem Bezirksblättchen inseriert" - sucht sie eine beste Freundin, die ebenfalls ungebunden, aktiv, intellektuell sein und Zeit haben sollte. Über einen Mangel an Zuschriften kann Sabine sich nicht beklagen, aber: "Oft frage ich mich, weshalb die Frauen schreiben. Viele wollen gar keinen Kontakt, sondern nur eine Bestätigung, dass sie Antwort bekommen. Manchmal haben sie schon eine Ausrede, wenn man anruft."

Gerd wäre was für Anni

Das Wissen um das, was Sabine nicht will, lässt sie in Hab-Acht-Stellung gehen, wenn eine potenzielle Freundin die Existenz eigener Kinder, ehrenamtlicher Tätigkeiten oder eines Wochenendgrundstücks mit Haus erwähnt: "Die sind dann nicht ungebunden, sondern voller Verpflichtungen!" Regelrecht auf der Suche nach denen ist hingegen Anni, die vor Jahresfrist ihren Mann nach langer, schwerer Krankheit verlor und sich nicht damit abfinden mag, nun nicht mehr gebraucht zu werden. Einerseits Gewohnheit, andererseits, bekennt die 73-Jährige, "erfüllt es mich wirklich, andere zu umsorgen und wie eine Glucke für sie da zu sein. Auch wenn das furchtbar unmodern ist."

Um bloß nicht den Eindruck von Passivität und Gestrigkeit zu hinterlassen, kommt Anni schnell auf ihre Aktivitäten zu sprechen: In der Volkhochschule hat sie den Spaß am Computer entdeckt. "Seit ich online bin, haben sich viele nette Kontakte ergeben." Sie frischt ihre Italienisch-Kenntnisse auf, zweimal wöchentlich zieht sie im Schwimmbad ihre Bahnen, sie trifft sich mit Freundinnen zum Canasta. "Platz für einen Partner ist aber noch dicke da!", sagt Anni.

Anni wirkt, als wolle sie, dass Gerd diesen Platz bekommt. Der hatte ihre Annonce in einer Zeitung entdeckt und ihr "die sympathischste aller Zuschriften" geschickt. Kürzlich haben sie sich in einem Café getroffen, diesem ersten Treffen folgte ein zweites, "aber nun ist er leider erstmal für drei Wochen bei seiner Tochter in Boston". Annis Augen leuchten, als sie erzählt, dass er seit seiner Abreise jeden Abend angerufen hat; am nächsten wird sie ihm zuvor kommen: "Ich will ihm doch auch zeigen, dass ich mich für ihn interessiere."

Ensa Maurer

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false