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SINNFragen: SINNFragen

Die Bilder hungernder Kinder in Ostafrika bedrücken viele Menschen in Berlin und Brandenburg. Doch angesichts der Entführungen und der Gewalt gegen Helfer vor allem in Somalia zweifeln viele, ob Spenden da wirklich helfen können.

Die Bilder hungernder Kinder in Ostafrika bedrücken viele Menschen in Berlin und Brandenburg. Doch angesichts der Entführungen und der Gewalt gegen Helfer vor allem in Somalia zweifeln viele, ob Spenden da wirklich helfen können. Der Tagesspiegel hat bei der Kampagne „Gemeinsam für Afrika“ nachgefragt, zu der unter anderem Oxfam, Islamic Relief und UNO-Flüchlingshilfe gehören.

Warum sollten Berliner und Brandenburger jetzt für Ostafrika spenden?

Das gebietet ganz einfach die Menschlichkeit. Wir können als reiches Europa und Deutschland nicht zusehen, wie Menschen elend den Hungertod sterben. Außerdem haben auch die Menschen in Berlin und Brandenburg mit einigen Problemen, die sich dort zusammenballen, etwas zu tun.

Was meinen Sie damit?

Ostafrika wird von Experten als Epizentrum der Klimakatastrophe bezeichnet. Die Klimaänderungen dort sind auch Folge der Emissionen von Treibhausgasen in den Industrieländern. Wir haben auch etwas damit zu tun, dass dort landwirtschaftliche Flächen nicht mehr für die Nahrungsmittelproduktion sondern für die Biospriterzeugung für unsere Autos genutzt werden. Und die Börsenspekulanten, die auf Lebensmittelpreise wetten, tun das ihre, dass die Preise dramatisch nach oben gehen und sich die Menschen dort die Lebensmittel, die es noch gibt, gar nicht mehr leisten können.

Im Länderdreieck Kenia, Äthiopien, Somalia verhungern jedes Jahr Menschen. Was ist jetzt anders?

Es ist die schlimmste Dürrekatastrophe seit Jahrzehnten. Zwei Ernten sind ausgefallen. Wenn die erwartete Regenzeit im September hoffentlich wirklich einsetzt, wird es noch Monate dauern, bis sich die Menschen wieder selbst versorgen können. Es ist eine Region, die schon immer mit einem schwierigen Klima gelebt hat, aber die Bevölkerung ist in den vergangenen Jahren stark gewachsen. Flächen, die früher von den Nomaden als Weideland genutzt werden konnten, sind heute mit Feldfrüchten belegt. Da kommen viele Faktoren zusammen, die dazu führen, dass jetzt etwa 12 Millionen Menschen von der Krise betroffen sind.

Warum gibt es von Regierungen und Spendern immer erst dann Geld, wenn wieder spindeldürre Babys in den Medien gezeigt werden?

Die bittere Antwort darauf ist, dass sowohl Regierungen als auch Privatspender immer erst dann erschrecken und ihre Kassen öffnen, wenn man Hungerkinder sieht und nicht vorher. Unsere Hilfsorganisationen haben schon im Dezember gewarnt, dass sich etwas zusammenbraut und wir dringend handeln müssen, damit es diese Bilder nicht gibt. Aber dann hoffen erst mal alle, dass es so schlimm schon nicht kommt.

Am schlimmsten betroffen ist Somalia. Dort wird Krieg geführt. Wer helfen will, muss sich mit den Milizen arrangieren. Die fordern ihren Anteil.

Unsere Mitgliedsorganisationen sind seit Jahren trotzdem in Somalia tätig, allerdings über einheimische Partnerorganisationen. Es ist seit Monaten kaum möglich, dass Weiße dort arbeiten können. Sie wären in unmittelbarer Lebensgefahr. Deshalb arbeiten die Organisationen mit Partnern vor Ort, die sie seit Jahren kennen. Es ist notwendig, so schwer das ist, im Konflikt neutral zu bleiben. Sonst gibt es keine Chance, die hilfsbedürftigen Menschen zu erreichen. Können Spenden unter diesen Umständen ankommen? Wir sagen ja. Man darf sich das nicht so vorstellen, dass wir irgendjemandem Geld in die Hand drücken. Es werden Hilfsgüter geliefert, die von den einheimischen Helfern nach sehr genauen Regeln verteilt werden. So können Korruption und Missbrauch verhindert werden. Wir haben viel Respekt vor den lokalen Helfern, für die das auch nicht ungefährlich ist.

Seit etwa zwei Wochen gibt es Bilder von der Katastrophe. Wie sind die Reaktionen der Öffentlichkeit?

Wir haben uns an unsere Unterstützer gewandt. Da ist die Reaktion ganz gut. Die gesamte Debatte um den Euro und Griechenland hat aber Spuren hinterlassen. Wir hoffen, dass die Berichterstattung nicht in wenigen Tagen abebbt. Und dass sie zeigt, wie Hilfe konkret geleistet werden kann, damit die Spender erfahren, was mit ihrem Geld passiert – und sie ermutigt, mehr zu geben.

Das Gespräch führte Dagmar Dehmer

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