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Berlin: Skandal um Gammelfleisch: Rot-Rot hält an Senatorin fest

Knake-Werner soll trotz Informationspanne im Amt bleiben SPD und PDS veranstalten am Donnerstag eine öffentliche Anhörung

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Im Skandal um 95 Tonnen verdorbenes Fleisch, das im September in Berlin beschlagnahmt wurde, hat sich die rot-rote Koalition hinter die frühere Gesundheitssenatorin und jetzige Senatorin für Integration, Arbeit und Soziales Heidi Knake-Werner (PDS) gestellt. Sie musste gestern im Senat Bericht erstatten. Aber ein Rücktritt der Senatorin sei „überhaupt kein Thema“, sagte Senatssprecher Michael Donnermeyer nach der Sitzung.

Knake-Werner wurde erst knapp drei Monate später über die Beschlagnahme des Gammelfleischs auf dem Großmarkt in Moabit informiert. Der Senat sei sich einig, dass so etwas nicht passieren dürfe, räumte Donnermeyer ein. „Die Behördenleitung muss es in der Hand haben, wie und wann ein solcher Vorfall öffentlich gemacht wird.“ Aber es sei niemand geschädigt worden und es sei zweifelsfrei, dass Knake-Werner nicht schon zum Zeitpunkt der Sicherstellung des Fleisches davon gewusst habe.

Unterdessen streiten sich Regierung und Opposition über die Frage, wann der Gesundheitsausschuss des Abgeordnetenhauses über den Fleischskandal diskutiert. Die Ausschussvorsitzende Felicitas Kubala (Grüne) hat für Montag zur Sondersitzung eingeladen. Das ist der SPD und der PDS zu spät. Da sich Kubala gestern im Ältestenrat des Parlaments weigerte, den Termin vorzuziehen, veranstalten SPD und Linkspartei schon am Donnerstag eine öffentliche Anhörung mit Knake-Werner und der neuen Gesundheitssenatorin Katrin Lompscher (PDS). Offenbar sei die Opposition an einer schnellen Sachaufklärung nicht interessiert, sagte der SPD-Fraktionsgeschäftsführer Christian Gaebler (SPD). Die „verunsicherte Öffentlichkeit“ habe jedoch ein Recht auf schnelle Aufklärung. Die Rücktrittsforderung der FDP gegen Knake-Werner bezeichnete Gaebler als „Quatsch“. Auch die PDS-Fraktionssprecherin Kati Seefeld nannte das Verhalten der Opposition „nicht nachvollziehbar“.

Das wiederum dürften zumindest die Gesundheitspolitiker von CDU und Grünen nicht nachvollziehen können: Mario Czaja, gesundheitspolitischer Sprecher der CDU-Fraktion, und Heidi Kosche, seine Kollegin bei den Grünen, haben bewusst noch keinen Rücktritt gefordert. Beide wollen erst wissen, wie die vormals zuständige Senatorin Knake-Werner die Kette des Versagens rechtfertigt, bevor sie ihre Schlüsse ziehen. „Wir klären erst mal auf“, sagt Czaja. Heidi Kosche meint, die Pannen seien zwar „riesengroß“, doch sie wolle zunächst hören, wie Knake-Werner die Angelegenheit erkläre.

Allerdings ist Kosche „besorgt um die Gesundheit der Berliner“. Denn der Moabiter Händler hatte schon 42,6 Tonnen Fleisch auf den Markt gebracht, bevor die beanstandeten 95 Tonnen gefunden wurden – und niemand könne wissen, in welchem Zustand dieses Fleisch war. Für den FDP-Gesundheitspolitiker Kai Gersch steht fest, dass Knake-Werner die politische Verantwortung übernehmen muss. Ob Schlamperei, Dilettantismus oder Vertuschung zu dem Skandal geführt habe, so Gersch – Knake-Werner habe als Behördenleiterin versagt.

Die Gesundheitsverwaltung bleibt dabei: Es habe zwar „Schwachstellen im Informationsfluss“ gegeben, aber die – seit Jahresbeginn verstärkten – Kontrollen in den Tiefkühlhäusern funktionierten. Die 70 amtlichen Kontrolleure entnähmen jährlich 20 000 Proben. Etwa 15 Prozent der Waren würden beanstandet. Meistens wegen Hygienemängeln.

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