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Berlin: Sommerfest: Thüringen machte mit Rauchzeichen über der Mohrenstraße Appetit

Wer zu spät kam, den bestrafte bei den Thüringern am Montagabend nicht das Leben. Sogar Angela Merkel bekam noch eine Bratwurst ab, obwohl die CDU-Chefin erst gegen 22 Uhr 30 in der Mohrenstraße aufkreuzte.

Wer zu spät kam, den bestrafte bei den Thüringern am Montagabend nicht das Leben. Sogar Angela Merkel bekam noch eine Bratwurst ab, obwohl die CDU-Chefin erst gegen 22 Uhr 30 in der Mohrenstraße aufkreuzte. Dorthin hatte die Vertretung des Freistaates Thüringen zu ihrem ersten Berliner Sommerfest eingeladen. Bis 1998 war diese Einladung unter den Bonnern sehr gefragt - auf 500 Meter Straße zeigten dort die Thüringer, was sie kulinarisch haben, handwerklich können und touristisch bieten. In Berlin konnten sie sich am Montagabend nur auf 80 Metern breit machen und das auch nur Dank der freundlichen arbeitsministeriellen Nachbarn, die den Thüringern von ihrem Areal etwas abtraten.

Genug Platz für Kulinarisches und Stände mit touristischer Werbung für das grüne Bundesland, in dem die Übernachtungzahlen steigen, wie sich der thüringische Ministerpräsident Bernhard Vogel zur Eröffnung freute. "Wer der Kanaren und anderer Urlaubsziele überdrüssig ist, der ist herzlich in den Freistaat eingeladen." Immerhin 2500 Gäste aus Vertretungen, Botschaften, Ministerien und Verbänden konnten diese Botschaft am Montag weitertragen - darunter auch Otto Graf Lambsdorff, den der Thüringer Bevollmächtigte beim Bund, Hans Kaiser, allen voran begrüßte. Kaiser selbst bekam auch indirekt Lob von seinem höchsten Chef - "für uns ist Kaiser-Wetter", witzelte Bernhard Vogel über den prächtigen Berliner Sommerabend und wünschte allen "ein paar schöne Stunden in Thüringen".

Dazu trugen auf dem Sommerfest 5000 Bratwürste, 3000 Rostbrätel, 2500 Knackwürste, 2000 "Fettbemmen", 1500 Teller Linsensuppe und 2000 Kartoffelpuffer bei, die man mit Wein aus Bad Sulza, Saft aus Rudolstadt, Mineralwasser aus Friedrichroda und Bier aus Erfurt und Bad Köstritz runterspülen konnte. Dass sich die Thüringer im Gegensatz zu den armen Berlinern ein Sommerfest mit deftiger Massenspeisung und Musik und Tanz leisten konnten, verdanken sie ihren heimischen Sponsoren, deren ellenlange Liste auf der Rückseite eines Sommerfest-Quiz zu lesen war, bei dem man unter anderen wissen musste, welches Bundesland das älteste Reinheitsgebot Deutschlands für Bier hat. Na, welches wohl? Wer in dem Gastgeberland noch nicht so bewandert war, dem stand das gesamte Thüringer Kabinett zur Verfügung, das am Vormittag in Berlin getagt hatte.

Gleich mit zwei "kühlen Blonden" hatte sich der ehemalige Berliner Standortkommandant Hans Speidel "bewaffnet", den die Thüringer Gastlichkeit aus seinem Ruhestandsdomizil im Umland in die Mitte Berlins gelockt hatte. Dort ging es zum polizeilichen Schluss um 23 Uhr fast so gemütlich zu wie in Weimar zum Zwiebelmarkt, nachts schwenkten viele dann sogar zum Tanz begeistert ihre Feuerzeuge. Dass Hanna-Renate Laurien mit einer Enttäuschung das Sommerfest verließ, war nicht Schuld der Thüringer, sondern von Klaus Wowereit. Bevor dieser Regierender wurde, hatte sich die Ex-Parlamentspräsidentin mit ihm verabredet. Am Herd und für eine gute Sache - "Prominente kochen für die Dritte Welt" sollte es am 14. September heißen. Für das Menü wollte Laurien die Suppe fabrizieren, Jugendliche den Hauptgang und Wowereit das Dessert. Nun sagte er den Termin ab - wegen der letzten Wahlkampfphase zu diesem Zeitpunkt. "Sie sind ein Idiot", nahm die ehemalige Bürgermeisterin gegenüber ihrem neuen Regierenden lauriengewohnt kein Blatt vor den Mund. "Sie hätten PR für Ihre Wahl, und ich hätte Ihnen die Suppe nicht versalzen", rügte sie die Absage Wowereits. Aufgeschoben sei nicht aufgehoben, versuchte der zu beschwichtigen, er habe sogar schon drei Desserts in Planung.

In Planung haben auch andere Vertretungen ein Fest - nicht alle sommerlich und nicht alle so groß wie die Thüringer. Die Baden-Württemberger laden am 12. Juli zur "Stallwächterparty" - die aus Politik und Diplomatie, die im Sommer die Stallwache halten. Ein "Hessenfest" gibt es im September, da feiern auch die Bayern ihr drittes Berliner Oktoberfest. Mit einem Sommerfest verabschieden im September die Bremer ihren Chef Erik Bettermann. Nordrhein-Westfalen, Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen-Anhalt haben nichts zu feiern, und die Rheinland-Pfälzer hatten schon. Die Schleswig-Holsteiner und Niedersachsen laden an diesem Sonnabend sogar alle Berliner ein - zum gemeinsamen "Tag der offenen Tür" von 11 bis 18 Uhr in ihren Landesvertretungen In den Ministergärten 8-10.

Heidemarie Mazuhn

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