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Weil immer nur 300 Besucher zugleich in die neue Ausstellung können, sind Schlangen unvermeidlich. Die meisten nehmen es gelassen.

© dapd

Sonderaustellung im Bode-Museum: Renaissance der Riesenschlange

Am ersten Tag der Sonderausstellung "Gesichter der Renaissance. Meisterwerke italienischer Portrait-Kunst" kehrt ein altes Ritual zurück: die überlange Warterei vor der Kunstbeschau. Wie schlägt man am besten die Zeit tot?

Der größte Profiteur heißt Kurt Christoph Graf von Schwerin. Preußischer Generalfeldmarschall, gefallen 1757, hat mit Renaissance so gar nichts zu tun. Seine Skulptur ist trotzdem die bestbesuchte des heutigen Tages. Hier muss jeder vorbei, der auf endgültigen Einlass in die neue Sonderausstellung „Gesichter der Renaissance. Meisterwerke italienischer Portrait-Kunst“ hofft. Manche suchen sogar Körperkontakt zum Marmorsockel des Militärs. Kurz mal anlehnen, bis es weitergeht.

Wer es hierhin schafft, hat schon mindestens eine Stunde Wartezeit hinter sich. Denn um überhaupt eine Eintrittskarte zu erwerben, muss man sich draußen vorm Bode-Museum an der Ticketbox anstellen. Beziehungsweise an der Schlange davor, und die zieht sich mittags schon weitläufig am Kupfergraben entlang. Auf jede gekaufte Karte ist eine Nummer gedruckt. Die regelt, wann man oben im ersten Stock der Kleinen Kuppelhalle Einlass erhält. Wer etwa am frühen Nachmittag Nummer 921 ergattert, wird noch gut zwei Stunden warten, weil zur Kaufzeit gerade erst die 450 rein darf.

Schlange stehen für die Kunst.

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Immerhin lässt sich die Zwischenzeit sinnvoll nutzen: entweder raus in die Sonne oder drinnen den ganzen Rest des Bode-Museums besichtigen, die ständige Ausstellung mit Barock und Klassizismus im Obergeschoss und Gotik, Spätantike und Byzanz im Parterre. Alles im Eintritt enthalten. „Wenn ich das jetzt mach’, bin ich nachher nicht mehr aufnahmebereit“, versucht eine Besucherin den Einlasser zu überzeugen. Der hat heute schon bessere Einwände gehört. „Tut mir leid, Sie können hier wirklich noch nicht rein.“

Als Andenken ein Foto mit der Handy-Kamera. Ob der Herr wohl freiwillig Pose steht?

© dapd

Mit den „Gesichtern der Renaissance“ ist auch ein Ritual zurückgekehrt, das Berliner und Berlin-Touristen seit inzwischen sieben Jahren – seit der MoMA- Ausstellung in der Neuen Nationalgalerie – eng mit großen Kunstschauen verknüpfen. Die stundenlange Warterei gilt manchen gar als Qualitätsbeweis einer Schau. Als Versprechen, dass einen im Innern tatsächlich Großes erwartet. Was alle sehen wollen, wird sich schon auch lohnen.

Das war 2007 so bei den „schönsten Franzosen“, den Meisterwerken aus dem Metropolitan Museum of Art, auch bei der Frida-Kahlo-Schau 2010. Ähnlichen Andrang erwartet der Gropius-Bau bei seiner heute startenden Hokusai-Retrospektive. Die Wartezeit im Bode-Museum hat noch einen speziellen Grund: Nur 300 Besucher dürfen gleichzeitig in die Ausstellung. Ansonsten stiegen Luftfeuchtigkeit und Raumtemperatur, das würde weder Exponaten noch Besuchern gut tun, heißt es.

Auf der Internetseite zur Ausstellung haben die Macher vorsichtshalber Tipps zum sinnvollen Zeittotschlagen zusammengetragen: Die Empfehlungen reichen vom Besuch der Souvenirecke (Verkaufsschlager: Leonardo da Vincis "Dame mit dem Hermelin" als Kühlschrankmagnet) bis zum Bummel ins Kulturkaufhaus Dussmann. Wer keine Zeit zum langen Warten hat, soll mehr bezahlen: Für 30 Euro gibt’s das sogenannte „Vip-Ticket“. Das garantiert angeblich sofortigen Einlass. Das Problem mit dem „Vip-Ticket“ ist, dass man sich dafür erst in eine Extra-Schlange links vorm Museum stellen muss. Und wenn man dann gewartet hat und schließlich an der Reihe ist, erklärt die Verkäuferin, dass es heute gar keine Vip-Tickets mehr gibt, das Warten also umsonst war. Eine verhinderte Besucherin empört sich.

Natürlich gibt es Erinnerungsstücke auch zum käuflichen Erwerb.

© Rückeis

Eigentlich soll es ganz anders laufen. Denn Schlangen sind von Museumsseite garantiert unerwünscht, sagt die Sprecherin der Schau. Deswegen gibt es die Möglichkeit, das Ticket im Internet zu kaufen und auszudrucken. Man kann sogar zu Hause am Bildschirm verfolgen, welche Nummern gerade aufgerufen werden, oben in der Kuppelhalle bei Kurt Christoph Graf von Schwerin. Und sich dann rechtzeitig auf den Weg machen. Am ersten Tag funktioniert die Online-Buchung noch nicht. Anlaufschwierigkeiten, heißt es. Möglicherweise ist auch der Server überlastet. Doch schon ab heute soll das System problemlos laufen, rechtzeitig zum Wochenend-Ansturm. Abwarten.

Offen ist täglich von 10 bis 18 Uhr, Do bis 22 Uhr. Karten kosten 14 Euro, ermäßigt sieben. Achtung: An der Langen Nacht der Museen nimmt das Bode-Museum nicht teil.

Infos: www.smb.museum/gesichter

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