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Berlin: Sonntags um zehn: Kirchweih als Herzensangelegenheit

Weihrauch und ein pompöses Hochamt gibt es in St. Johannis in Moabit zum Namenstag des Heiligen nicht - immerhin ist es eine evangelische Kirche.

Weihrauch und ein pompöses Hochamt gibt es in St. Johannis in Moabit zum Namenstag des Heiligen nicht - immerhin ist es eine evangelische Kirche. Aber eine weiße Fahne mit violettem Kreuz weht dennoch vom Turm der Kirche, die Karl Friedrich Schinkel selbst 1832-35 im Stil der oberitalienischen Romanik gebaut hatte. Und im evangelischen Gesangbuch gibt es sogar ein Lied für Johannes den Täufer, dessen Geburt die Kirchen am 24. Juni feiern - das fehlt im katholischen "Gotteslob", wie Pfarrer Dietrich Teschke ganz ohne Stolz konstatiert. Den Tag "können wir nicht einfach übergehen", leitet er seine Predigt ein, "auch die Väter der Reformation haben den Johannistag als Christenfest ganz bewusst begangen."

Weil zuvor Paulina und Nathalie getauft worden waren, greift er aus dem bewegten Leben des Johannes die Geburt heraus - und muss sich dabei nicht auf Legenden verlassen, sondern kann sich auf Lukas (1,5-20) stützen. Im Evangelium, das auch im Gottesdienst vorgetragen wird, geht es darum, wie die betagte und unfruchtbare Elisabeth und ihr Mann Zacharias auf Verheißung eines Engels doch noch einen Sohn bekommen, der der Vorläufer des Erlösers werden sollte und mit dem Wasser des Jordan das vorbereitet, was im Feuer und dem Heiligen Geist seine Vollendung finden wird.

Das Wunder des Lebens und die Verantwortung vor den Menschen werden zur zentralen Botschaft in Teschkes Predigt, in der er immer wieder den Begriff der "Herzenssache" aufgreift. Für die Eltern und Paten der beiden Mädchen solle die Liebe zu den Kindern ebenso eine Herzensangelegenheit bleiben, wie Johannes die Ankunft Christi mit aller Kraft vorbereitet habe. Und auch innerhalb der Gemeinde, die an diesem Sonntag ihr 166-jähriges Bestehen feiert, sei es wichtig, mit dem Herzen zu sehen - bei der Eingliederung von solchen, die sich gleichgeschlechtlich lieben, in der Reaktion auf den sozialen Wandel in Moabit, bei der ökumenischen Begegnung mit anderen Christen, die Teschke ein besonderes Anliegen ist: "Was wir uns zur Herzenssache machen, das wird gut", verknüpft er die Geschichte von Johannes dem Täufer mit der Taufe der beiden Mädchen und der aktuellen Seelsorgearbeit.

Die bietet für den Nachmittag einen echten Höhepunkt: Kirchweihfest und am Abend dann das große Johannis-Feuer. Und für Dietrich Teschke ist es ein Anlass für einen Rückblick. Am Johannistag vor genau 25 Jahren hat er seinen aktiven Dienst in der Moabiter Gemeinde begonnen. "Wenn ich mir ansehe, was sich hier alles geändert habe, merke ich, dass es doch eine ganz schön lange Zeit ist", sagt er nach dem Gottesdienst.

Jörg-Peter Rau

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