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SONNTAGS um zehn: Margot Käßmann Superstar Die ehemalige Ratsvorsitzende feiert einen Gottesdienst im Berliner Dom

Im Berliner Dom wird Margot Käßmann wie ein Superstar gefeiert. Schon eine halbe Stunde vor Gottesdienstbeginn ist der Kuppelbau bis auf den letzten Platz besetzt.

Im Berliner Dom wird Margot Käßmann wie ein Superstar gefeiert. Schon eine halbe Stunde vor Gottesdienstbeginn ist der Kuppelbau bis auf den letzten Platz besetzt. Weit über tausend Menschen begrüßen die ehemalige Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland mit donnerndem Applaus. Es ist die letzte Predigt der 52-Jährigen in Deutschland, ehe sie Ende August für vier Monate in die USA fliegt.

Der christliche Glaube habe „eine radikale Freiheit im Gepäck, sich einzumischen in der Welt“, sagt Käßmann in ihrer Predigt, in der sie immer wieder das Thema Schwäche und Versagen anspricht. Fußballer seien gut, wenn „sie siegen“, sagte sie etwa mit Blick auf den Halbfinaleinzug der Fußball-Nationalmannschaft bei der WM in Südafrika. „Ich habe mich riesig über den Sieg gegen Argentinien gefreut“, betonte sie. Allerdings gebe es auch den Torhüter Robert Enke, der sich das Leben genommen habe, fügte sie hinzu. „Bei uns gelten diejenigen als stark, die sich durchsetzen können, die Ellenbogen haben, denen etwas gelingt.“ Diesem Denken setzt sie den christlichen Glauben entgegen: „Gott zeigt sich schwach, ohnmächtig und rüttelt damit geradezu an menschlichen Vorstellungen von Stärke und Schwäche.“

Die frühere Landesbischöfin von Hannover verbreitet Optimismus. „Fröhliche Weltkinder dürfen wir sein, engagiert und getrost, verlacht und ermutigt, gestärkt und klar im Engagement für die Welt, die Gott liebt“, sagt sie und ergänzt: „Schwachheit ist kein Schimpfwort für uns“. In allem, was Käßmann sagt, bleibt sie authentisch. Und auch wenn sie es nicht anspricht – die Ereignisse vom Februar, als sie als Konsequenz aus einer Alkoholfahrt von all ihren Ämtern zurückgetreten war, schwingen immer noch mit.

Käßmann kommt bei den Berlinern gut an. Zur Austeilung des Abendmahls bildet sich eine lange Schlange. Nach dem Gottesdienst steht Käßmann am Ausgang im Blitzlichtgewitter mitgebrachter Kameras, während sie Hände schüttelt. Immer wieder muss die Pastorin Autogramme geben. Ein älterer Herr drückt ihr mehrere Bonbons in die Hand. Ein Mann in kurzen Hosen umarmt sie unvermittelt. Und ein anderer ruft ihr zu: „Auf zu neuen Wegen.“ Wenn sie im Januar von ihrem Vortragssemester an der Emory University in Atlanta zurückkommen wird, wird Käßmann das sicher tun. Barbara Schneider

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