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Leicht mit der Esche oder Essigbaum zu verwechseln: der Chinesische Götterbaum.

© Wikipdia/Karduelis

Sorge um Gartendenkmal: Götterbaum-Plage bedroht Parks

Der Chinesische Götterbaum macht sich in Berlin breit und verdrängt heimische Arten, auch im Thälmannpark. Ausgerechnet die Grünen halfen mit - sie sehen eine "natürliche Selektion"

Von Christian Hönicke

Günter Hahn zeigt auf einen großen Baum, der sich vor einem Hochhaus im Thälmannpark im Wind wiegt. „Das ist der Ur-Baum hier im Park“, sagt Hahn. Seit einigen Jahren hat sich der Chinesische Götterbaum im Thälmannpark breitgemacht. Als botanische Laien glaubten die Anwohner zunächst, dass es sich um Essigbäume handelt. „Aufklärung kam, nachdem während zweier Parkbegehungen Ende 2017 diese Gewächse als Götterbäume erkannt wurden“, sagt Hahn. Seither kämpfen Hahn und die Anwohnerinitiative Thälmannpark einen aussichtslosen Kampf.

Denn es blieb nicht bei dem einen Baum. Mittlerweile schießen die Götterbäume überall im Park aus dem Boden. Eventuell sind die Samen vom Antonplatz in Weißensee eingeflogen, wo der damalige Baustadtrat Jens-Holger Kirchner 2012 ein Exemplar offiziell pflanzen ließ.

Offenbar hat sich der Grüne damals nicht genau über diesen scheinbar exotischen Farbtupfer informiert. Die Besonderheit dieser aus China, Korea und Vietnam stammenden Baumgattung besteht nämlich nicht nur darin, dass sie sehr anspruchslos ist, schnell wächst und bis zu 30 Meter hoch wird. Für die Menschen nachteilig sind neben dem bisweilen unangenehmen Geruch die giftigen Blätter, die schon bei Kontakt Hautreizungen hervorrufen können.

In der Schweiz und Ungarn geht man systematisch dagegen vor

Das größte Problem dabei ist: Wo der Götterbaum einmal Wurzeln schlägt, kriegt man ihn praktisch nicht mehr wieder weg. Er breitet sich rasend schnell aus, über Samen, die durch eine Art Propeller bis zu zehn Kilometer fliegen können, zusätzlich noch über das Wurzelwerk. Im Laufe von wenigen Jahrzehnten können Götterbäume einheimische Sträucher und Bäume so teilweise völlig verdrängen.

An den Rheinufern ist der Baum längst zur Plage geworden, in Basel geht man dagegen wie auch bereits in Ungarn systematisch vor.

Auch in Berlin ist der Götterbaum auf dem Vormarsch. Anfang des 19. Jahrhunderts kam er im Zuge der versuchten Seidenraupenzucht über Paris nach Steglitz in die Seidenspinnerei "Filanda" in der Filandastraße. Womöglich breitete er sich von dort eigenständig in Richtung Zentrum aus.

Der Grund ist einfach: Der Götterbaum ist resistent gegen Salz, Trockenheit und Industrieabgase, nur Kälte setzt ihm zu. Deswegen bevorzugt er in Berlin die wärmeren Innenstadtlagen, die zunehmend milderen Winter ließen die Population hier in den vergangenen Jahren sprunghaft ansteigen.

Keine Ressourcen: Pankows Baustadtrat machtlos

In den Bezirksämtern hat sich das offenbar noch nicht überall herumgesprochen. Das Straßen- und Grünflächenamt (SGA) Pankow sei schon mehrfach kontaktiert worden, zumal es sich beim Thälmannpark um ein Gartendenkmal handle, so der Anwohner Günter Hahn. Außer dem obligatorischen „Wir haben zu wenig Arbeitskräfte" sei aber keine Reaktion gekommen.

Der zuständige Bezirksbaustadtrat Vollrad Kuhn (B‘90/Grüne) widerspricht gar der in Fachkreisen geteilten Einschätzung, dass der Götterbaum als invasive Art einheimische Gewächse verdränge: „Es wird sich wie bei allen Öko-Systemen durch den Zugang einer neuen konkurrenzstärkeren Art zu einem neuen Gleichgewicht und Artenverteilung kommen - das nennt man Klimaanpassung oder natürliche Selektion.“ Der Götterbaum sei an die „neuen" Klimabedingungen besser angepasst und komme damit besser klar als manche einheimischen Arten.

Dennoch sei es sinnvoll, eine Ausbreitung zu verhindern. Derzeit würden im Anton-Saefkow-Park und im Thälmannpark „der unerwünschte Aufwuchs von Götterbaum reduziert. Eine Umkehr wird definitiv nicht möglich sein“, allein aus Kapazitätsgründen würden nur einzelne Schwerpunktbereiche bearbeitet. „Das SGA ist definitiv nicht in der Lage, diese Aufgabe mit den derzeit zur Verfügung stehenden personellen und finanziellen Ressourcen zu bewältigen.“

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