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Berlin: Sozialwohnungen sollen wieder bezahlbar werden Senat will mit Gesetz Mietenanstieg bremsen

Mieterverein: Nur kleiner Teil des Bestandes erfasst

Bis zu 19 Euro Miete pro Quadratmeter und Monat verlangen Eigentümer von Sozialwohnungen in guten Lagen. Deshalb können sich Haushalte mit geringen Einkommen schon lange nicht mehr die Wohnungen leisten, die für sie gebaut wurden. Damit soll nun Schluss sein: Der Senat hat am Dienstag eine Gesetzesnovelle erlassen, mit der die bisher zulässige jährliche Anhebung der Mieten im sozialen Wohnungsbau gestoppt werden soll. Auch der sprunghaften Erhöhung der Miete, die beim Wegfall der Anschlussförderung zulässig ist, soll das Gesetz ein Riegel vorschieben.

Das neue Gesetz betrifft rund 160 000 Sozialwohnungen in Berlin. Für 40 Prozent dieser Immobilien verlangen die Eigentümer schon heute mehr Miete als vergleichbare Wohnungen laut Mietspiegel in der Stadt kosten. Dass aus Sozialwohnungen Luxusimmobilien wurden, liegt daran, dass die Förderungen des Landes jährlich abgebaut werden und die Eigentümer diesen Betrag auf die Miete aufschlagen dürfen.

Zu drastischen Mietsprüngen kommt es außerdem, wenn die Förderung ausläuft: Dann kann schlagartig die „Kostenmiete“ verlangt werden, bis zu 19 Euro pro Quadratmeter und Monat. Deshalb mussten die meisten Mieter im Kreuzberger Fanny-Hensel-Kiez ausziehen. Das neue Gesetz soll dies jedenfalls dann verhindern, wenn der Hauseigentümer wechselt oder eine Insolvenz vorliegt. Dann gilt das Haus nicht mehr als „öffentlich gefördert“, und damit wäre die rechtliche Grundlage dafür entzogen, kurzfristig die hohe Kostenmiete zu verlangen.

Auf Freiwilligkeit setzt Stadtentwicklungssenatorin Ingeborg Junge-Reyer dagegen beim Versuch, die jährlichen Mieterhöhungen bei Sozialwohnungen zu stoppen, die noch gefördert werden. Deren Eigentümern bietet der Senat eine vorzeitige Rückzahlung der Förderungen an. Als Köder dient ein „Preisnachlass“ von bis zu zehn Prozent auf die vor Jahrzehnten gewährten Darlehen. Der Vorteil für den Hauseigentümer liegt darin, dass er seine Schulden früher los wird und nicht die komplette Summe zurückzahlen muss. Im Gegenzug soll er sich aber dazu verpflichten, nicht mehr Miete zu verlangen als für vergleichbare Wohnungen in der Nachbarschaft.

Dem Land könnte die Regelung einen Geldsegen bringen: Rund „200 Millionen Euro in den nächsten Jahren“, sagte Senatorin Junge-Reyer. Sie rechnet damit, dass die Eigentümer von 15 Prozent der Wohnungen das Angebot annehmen – 24 000 Wohnungen wären das etwa.

Der Berliner Mieterverein kritisierte das Gesetz als „Einstieg in einen raschen Ausstieg aus dem Sozialen Wohnungsbau“. Zudem ändere sich nichts für über 100 000 Sozialwohnungen, wo keine Vereinbarung erzielt wird. Weiteres Manko: Um den Eigentümern von Sozialbauten die vorzeitige Rückzahlung schmackhaft zu machen, verliere das Land den Zugriff auf die Hälfte der betreffenden Wohnungen. Bisher verfügt der Senat über „Belegungsbindungen“ bei Sozialwohnungen und schreibt deren Vermietung an Haushalte mit geringen Einkünften vor. Doch nach dem neuen Gesetz soll die vorzeitige Rückzahlung der Darlehen zusätzlich durch den Verzicht des Landes auf diese Belegungsbindung für die Hälfte der Wohnungen in dem betreffenden Objekt belohnt werden.

Das „Berliner Bündnis Sozialmieter“ kritisierte, dass das Gesetz keine Regelung für die rund 10 000 Wohnungen enthalte, für die wegen des Wegfalls der Anschlussförderung schon die überhöhte „Kostenmiete“ verlangt wird. Dem Bündnis zufolge wird die Kostenmiete falsch berechnet. Der Senat habe versäumt, dies im neuen Gesetz zu korrigieren.

Der Verband Berlin-Brandenburgischer Wohnungsunternehmen, dessen Mitglieder 40 Prozent der Wohnungen besitzt, nennt das Gesetz ein „wirksames Instrument zur Dämpfung des Anstiegs der Sozialmieten“. Ralf Schönball

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