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Berlin: SPD findet Wahlkampf mit Grass in Ordnung

Autor beteiligt sich an Initiative „Wir für Wowi“. Leise Kritik aus den Reihen der Opposition

Von Ulrich Zawatka-Gerlach

Der Schriftsteller Günter Grass wird, neben anderen Künstlern und Prominenten, zur Wahl des SPD-Spitzenkandidaten Klaus Wowereit aufrufen. Im Rahmen einer Initiative „Wir für Wowi“, die in der nächsten Woche startet. Grass hilft der SPD bundesweit seit 40 Jahren im Wahlkampf, aber dieses Mal ist es ein Politikum, weil Grass kürzlich offenbarte, dass er als 17-jähriger Jugendlicher Mitglied der Waffen-SS war.

Auch Wowereit ist der Meinung, „dass Grass damit leben muss, dass alle, auf die er mit dem moralischen Zeigefinger gedeutet hat, heute auf ihn zeigen“. Trotzdem wäre es fatal, wenn das künstlerische und politische Lebenswerk des 78-jährigen Literaturnobelpreisträgers deshalb in Frage gestellt würde. Grass bleibe für ihn eine moralische Instanz. Das sagte der Regierende Bürgermeister bereits beim Wahlkampfauftakt der SPD am Sonnabend. Jetzt bekräftigte Wowereit seine Haltung im Magazin „Stern“.

In der Berliner SPD rührt sich dazu kein Widerspruch. Der Bundestags-Vizepräsident Wolfgang Thierse hatte zwar auch gefragt, warum Grass die Mitgliedschaft in der Waffen-SS vor 60 Jahren nicht früher mitgeteilt habe, aber dadurch hätten sich Leben und Werk des Schriftstellers nicht verändert. Die SPD, forderte Thierse, solle zu Grass stehen. Der SPD-Landes- und Fraktionschef Michael Müller hat dem nichts hinzuzufügen. Es gebe keinen Grund, warum Günter Grass nicht für Klaus Wowereit und die SPD werben solle.

Er wird dies tun im Rahmen einer Wählerinitiative (Motto: „Einer für Berlin. Wir für Klaus Wowereit“), an der sich beispielsweise Thomas Gottschalk und Alfred Biolek, die Schauspieler Judy Winter und Wolfgang Völz oder der Hollywood-Regisseur Wolfgang Petersen beteiligen. Die Kampagne ist dem Wahlaufruf „Wir für Schröder“ im Bundestagswahlkampf 2005 nachempfunden. Organisator ist Bernd Mehlitz, Ex-Abteilungsleiter in der Senatskulturverwaltung und seit Jugend an mit Wowereit befreundet. Das sei das einzige Wahlkampfengagement von Grass für die Berliner SPD, so Parteisprecher Hannes Hönemann.

Aus den Reihen der Opposition kommt dennoch Kritik. „Herr Grass sollte sich besser mit der Findung seiner selbst als mit der Findung eines Regierenden Bürgermeisters beschäftigen“, sagte der FDP-Fraktionschef Martin Lindner. Und der CDU-Generalsekretär Frank Henkel meinte, da hätten sich ja Zwei gefunden. „Beide sind große PR-Künstler, beide sind ihrer großen Verantwortung nicht gerecht geworden.“ Den Grünen-Fraktionschef Volker Ratzmann hätte es eher gewundert, wenn Grass nicht mehr für die SPD wahlkämpfen würde. „Das tut er doch seit Willy Brandt.“ Aber: Grass habe jetzt eindeutig an Glaubwürdigkeit verloren. Nur der PDS-Landesvorsitzende Klaus Lederer sieht keinen Grund, sich „an diesen moralischen Keulenschwüngen zu beteiligen“.

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