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Berlin: Staatliche Sprachpflege: PRO von Bernd Matthies

Es ist schwer genug, die Winkelzüge der Verwaltung zu verstehen, selbst, wenn sie sich in klarem Deutsch ausdrückt. Was aber meint Wirtschaftssenator Branoner, wenn er fordert, "die Capital of Talent zur digitalen Hauptstadt zu machen"?

Es ist schwer genug, die Winkelzüge der Verwaltung zu verstehen, selbst, wenn sie sich in klarem Deutsch ausdrückt. Was aber meint Wirtschaftssenator Branoner, wenn er fordert, "die Capital of Talent zur digitalen Hauptstadt zu machen"? Weiß er es selbst? Mit diesem pseudo-weltläufigen Imponiergehabe erreicht er allenfalls, dass ausländische Zuhörer sich kichernd den Bauch halten über den Senator, der offenbar überhaupt keine Sprache mehr richtig kann. Das wäre seine Privatsache, bestünde nicht die Gefahr, dass auch die Mitarbeiter des Senators dies alles toll finden und sich in vorauseilendem Gehorsam darin gefallen, aus jedem Hausmeister einen Facility Manager zu machen, wie es ihnen ja auch die schnittigen Quatschköpfe aus Wirtschaft und Werbung so erfolgreich vorexerzieren.

Zum Thema Ted: Keine Fremdwörter in Amtsstuben mehr? Innensenator Werthebach wird mit seiner Dienstanweisung gegen unverständliche Fremdwörter sicher keinen öffentlich Bediensteten daran hindern, weiter Unsinn zu reden. Aber er könnte es schaffen, das Bewusstsein dafür zu schärfen, dass der Bürger, gleich welcher Bildungsstufe und Sprachkompetenz, wenigstens im Schriftverkehr Anspruch auf verständliche Begriffe hat. Es geht längst nicht mehr darum, eingebürgerte und einigermaßen klare Anglizismen - E-Mail, online - aus der Verwaltungssprache wieder herauszuwerfen. Sondern darum, zu verhindern, dass bald jeder Oberamtsrat seine Schreiben so formuliert, wie der Wirtschaftssenator öffentlich zu reden beliebt. Die Sprachwissenschaftler haben Recht: Sprache entwickelt sich. Und zwar, indem jene, die sie benutzen, darauf Einfluss ausüben. So, wie es Senator Werthebach ganz legitim tut.

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