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Senatsbaudirektorin Lüscher: Seid umschlungen, Millionen!

© Thilo Rückeis

Staatsoper-Sanierung: So hohe Kosten - und so viele Erklärungen

Bei der Sanierung der Staatsoper Unter den Linden wird's viel teurer. Und warum? Senatsbaudirektorin Lüscher nannte nun sechs Gründe - und zog den massiven Ärger der Opposition auf sich.

Von Ulrich Zawatka-Gerlach

Für die Kostenexplosion bei der Sanierung der Staatsoper Unter den Linden von ursprünglich 240 auf 390 Millionen Euro gibt es nach Einschätzung des Senats sechs verschiedene Gründe. Die längere Bauzeit koste 39 Millionen Euro, teilte Senatsbaudirektorin Regula Lüscher den Haushältern des Parlaments mit. Das ist mit Abstand der größte Posten. Überraschende Bauprobleme am maroden Barockbau, die erst während der Sanierungsarbeiten auftauchten, kosten 20 Millionen Euro zusätzlich. So mussten Fensterstürze ausgebaut, statische Risse in den Fassaden saniert und die Freitreppe an der Nordfassade komplett erneuert werden. Der schwierige Baugrund trug zu den Mehrkosten nur mit vier Millionen Euro bei. „Die Herstellung der Baugrube hat sich deutlich komplizierter und kostenintensiver gestaltet als ursprünglich erwartet“, heißt es in einer Vorlage der Stadtentwicklungsverwaltung, mit der sich der Hauptausschuss des Parlaments am Mittwochabend befasste.

Sieben Millionen Euro durch Störungen der Projektabwicklung

Bei Weitem nicht nur der überraschende Fund alter Holzpfähle unter der Oper machte Probleme. Dichtsohlen mussten verdoppelt, der Boden teilweise vereist, spezielle Bohrungen gesetzt und eine aufwendige Konstruktion für die Baugrube gewählt werden. Weitere sieben Millionen Euro fallen durch „individuelle Störungen der Projektabwicklung“ an. Dazu gehören etwa die Insolvenz eines Unternehmens für die technische Gebäudeausrüstung, Sonderanfertigungen für die Verkleidung der Nachhallgalerie und andere bauliche Unikate, außerdem „Sonderlösungen“ für die Bestuhlung und „hohe denkmalpflegerische Anforderungen“. Für die finanzielle „Risikobewertung“ werden zusätzlich 14 Millionen Euro veranschlagt. Denn die neuen Kostenprognosen beruhen noch auf ungeprüften Planungsunterlagen.

Nachträgliche Änderungen hätten nicht zu den Mehrkosten beigetragen

Für „Unvorhergesehenes“ werden neun Millionen Euro berechnet, ein relativ willkürlich gegriffener finanzieller Puffer. Nachträgliche Änderungen der Bedarfsplanung, so versichert Lüscher, hätten zu den Mehrkosten nicht beigetragen. Die Verwaltung beteuert auch, dass „keine mangelnde Vorbereitung des Bauvorhabens vorliegt“ und verweist auf zahlreiche Gutachten im Gesamtwert von 4,3 Millionen Euro und auf alte Analysen seit 1951. Allerdings seien nicht alle Bauteile „zu Untersuchungszwecken zugänglich“ gewesen, weil die Oper bis zum Baubeginn voll in Betrieb gewesen sei.

Bis April sollen die Ergänzungsunterlagen für die noch ausstehenden Sanierungsarbeiten amtlich geprüft sein. Dann stehen die realen Gesamtkosten vielleicht endgültig fest. Und wer bezahlt die fast 200 Millionen Euro, die bisher nicht vorgesehen sind? Dafür müssten im Doppelhaushalt 2016/17 und in der Finanzplanung bis 2019 bei den öffentlichen Investitionen „Prioritäten gesetzt“ werden, schlägt Lüscher vor. Die Frage bleibt, wer zugunsten der Oper verzichten muss.

Heiko Herberg, finanzpolitischer Sprecher der Piraten, sagte, Lüschers Präsentation sei eine „absolute Frechheit“: Die Terminübersicht sei sehr grob, ebenso die Aufschlüsselung der Mehrkosten. Auf Initiative der Opposition soll ein parlamentarischer Untersuchungsausschuss zur Staatsoper eingerichtet werden.

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