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Stadtbad Steglitz: Ausstellung erzählt von 200 Jahren Berliner Badekultur

Eine kuriose Ausstellung im Stadtbad Steglitz zeigt, sie sich eine öffentliche Badekultur entwickelte.

Von Fatina Keilani

Hinauf und hinab geht’s in jubelnder Lust

Wild soll’n uns die Wogen umspülen

Kühn blitzet das Auge,

stolz hebt sich die Brust,

weil wir uns als Seeleute fühlen!

Da hatte Carl Dittmann den Einfall seines Lebens gehabt: Die Dittmannsche Wellenbadschaukel, erfunden und patentiert 1889, wurde über 120 000 Mal verkauft. Es handelt sich um eine Kreuzung aus Badewanne und Schaukelstuhl. Die Illustriertenwerbung von damals zeigt vier kleine Kinder beim Planschvergnügen, die eingangs zitierte Lyrik bildet den Text dazu. Das war, als Werbeslogans noch nicht kurz und knackig zu sein hatten. Die Wanne gibt es noch, sie wird auf Bestellung gebaut. Diese und viele weitere Kuriositäten zum Thema Baden zeigt die Ausstellung „Stadt-Bad-Fluss“ im Stadtbad Steglitz, zusammengetragen vom Verein „h2o-Museum“.

Die Umkleidekabinen rund um das alte Schwimmbecken sind Ausstellungszellen geworden. Dort rekapitulieren Schautafeln 200 Jahre Berliner Badegeschichte. Zum Beispiel die Flussbadeanstalt des Dr. Welper – ein Ahne des heutigen Badeschiffs. Das Welpersche Schiff, 1803 am Lustgarten errichtet, bestach durch Luxus, jedenfalls in der ersten Klasse. Dort waren die Kabinen tapeziert, und aufs Klingeln erschien ein Badegehilfe. Wer allerdings die vierte Klasse buchte, für den gab es bloß eine harte Holzbank und ein Bad in der kalten Spree. In der Steglitzer Umkleide erinnert ein Stück Tapete im Bilderrahmen an den vergangenen Luxus. Auch Bademoden aus vielen Epochen hat Ausstellungsmacherin Isabel da Silva Matos in die Kabinen gehängt. „Diesen Badeanzug habe ich bei Ebay ersteigert“, sagt sie und zeigt ein Modell, das heute als Kleid durchgehen würde. „Er ist von 1925; ich habe ihn bei der Stiftung Stadtmuseum taxieren lassen.“

Während sich eine öffentliche Badekultur entwickelte, hatten die wenigsten Berliner zu Hause ein Bad – 1925 gab es das nur in 26 Prozent aller Wohnungen. Die Schautafel wird von einem gut 100 Jahre alten Gullydeckel begleitet – mangels Toiletten stank Berlin damals zum Himmel. Der Leiter des Grünauer Wassersportmuseums hat seine Badehose geschickt, weil für die DDR-Kabinen noch Dederon-Artikel gebraucht wurden. Wie das Bad im Plattenbau aussah – mit original DDR-Tapete – ist ebenso zu sehen wie die Trockenhaube West im Orange der Siebziger, dazu Seifen und Bad-Accessoires, Lomografien, Spielkarten mit Bikinischönheiten. Zwei Strandkörbe vom Strandbad Wannsee laden unten im Becken zum Sitzen und, über Kopfhörer, Geschichtenhören ein. Zum Strandbad Wannsee zieht die Ausstellung im Juni weiter.

Das pompöseste Bad der damaligen Zeit war das Admirals-Gartenbad an der Friedrichstraße, hinterm Admiralspalast. 1889 war es das modernste Europas, mit 100 Kabinen, in der ersten Klasse in Carrara-Marmor. Eine Jugendstil-Kachel, ein Bidet und ein verzierter Heizkörper erzählen davon. Fatina Keilani

Stadt-Bad-Fluss, Stadtbad Steglitz, Bergstraße 90, vom 23. Januar bis zum 5. April, Donnerstag 12–20 Uhr und Freitag bis Sonntag 10–18 Uhr. Eintritt 4 Euro, ermäßigt 2 Euro. Im Netz: www.h2o-museum.de

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