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Aus der Ich-Perspektive. Adel Tawil wird das Duo Ich & Ich wie gewohnt alleine auf der Bühne vertreten. Seine Partnerin Annette Humpe hat zu großes Lampenfieber. Gerüchte, dass sich die Band im kommenden Jahr auflösen wird, hat der 32-Jährige dementiert.

© Doris Spiekermann-Klaas

Bundesvision Song Contest: Raab lädt zum Wettsingen in Berlin

Am Freitag ist "Bundesvision Song Contest" in Berlin. Der Favorit kommt diesmal aus Aachen. Und ein bisschen Zoff gibt es auch schon.

Bestechungsversuch wäre zu hart, nennen wir es: Gastgeschenk. Weil Stefan Raab gerne grillt und Adel Tawil das weiß, hat er ihm eine Woche vor dem Wettbewerb eine Schürze geschenkt. Von „Curry 36“, der Imbissbude am Mehringdamm. Dort gebe es die beste Currywurst Deutschlands, jedenfalls behaupte man das, hat Tawil erklärt. Er selbst isst ja kein Schweinefleisch. Doch eines könne er definitiv bezeugen: „Das Ketchup ist super.“

Stefan Raab wird sich diese Woche selbst ein Urteil bilden können. Zum sechsten Mal findet am Freitag sein „Bundesvision Song Contest“ statt, und weil der Gesangswettbewerb stets im Bundesland des Vorjahressiegers ausgetragen wird und 2009 mit überragendem Vorsprung Peter Fox gewann, lädt Raab diesmal in die Max-Schmeling-Halle. Adel Tawil tritt mit Ich+Ich für Berlin an, allerdings ohne seine Partnerin Annette Humpe. Das liegt aber nicht an den – falschen – Trennungsgerüchten, sondern bloß daran, dass Humpe unter Lampenfieber leidet und deshalb sowieso die allermeisten Auftritte schwänzt. Wahr ist: Ich & Ich wollen im kommenden Jahr eine Pause einlegen, die Musiker an Soloprojekten arbeiten.

Beim Song Contest, den Raab ursprünglich als flotteres Gegenmodell zum Grand Prix ins Leben rief, werden Ich+Ich zum Favoritenkreis gezählt. Die besten Siegchancen haben aber Unheilig, eine Düster-Band aus Aachen, der dieses Jahr ihr großer Durchbruch gelang und deren Karriere von vielen verwundert, von manchen verständnislos beobachtet wird. Kreativer Kopf von Unheilig ist ein Mann, der sich selbst bloß „Der Graf“ nennt und eigentlich aus der Gothic-Szene kommt. Aus Imagegründen ließ er sich früher mit falschen Vampirzähnen und Monster-Kontaktlinsen fotografieren. Ausgerechnet diese Band hat es 2010 geschafft, mit ihrem Album 16 Wochen auf Platz 1 der deutschen Charts zu stehen – und damit den Rekord von Grönemeyers „Ö“ aus dem Jahr 1988 zu brechen. Inzwischen zeigt sich, dass „Der Graf“ ein ziemlich umgänglicher und auch gewitzter Mensch ist, der sogar seine Mitgliedschaft in der katholischen Kirche zugibt. Musikalische Kritiker hat er aber immer noch, auch im Teilnehmerfeld des Song Contests: Sänger Bernd Begemann lästerte in einem Interview über dessen Songs. Zudem sei Unheilig „für mich persönlich der erbärmlichste Name im deutschen Pop“.

Von allen Seiten gelobt wird dagegen der Berliner Sänger Matthias Schrei für seinen Künstlernamen, mit dem er am Freitag auf der Bühne steht: Blockflöte des Todes. Schrei hat eine Vorliebe für schräge Titel und Wortspiele, seine Begleitband nennt er „Kollektiv Pupertär“, seinen Musikstil „Block’n’Roll“, sein Album heißt „Wenn Blicke flöten könnten“. Schrei ist Berliner, weil jedes Bundesland aber bloß einen Teilnehmer in den Wettbewerb schicken darf, tritt die Blockflöte des Todes für Sachsen an. So ergeht es auch anderen Künstlern der Stadt: Mikroboy singen fürs Saarland, Silly für Sachsen-Anhalt, Das Gezeichnete Ich für Brandenburg, Oceana für Hessen.

Vor drei Jahren fand der Song Contest schon einmal in Berlin statt, und auch damals gab es Streit. Im ausverkauften Tempodrom ließ sich Jan Delay zu der Bemerkung hinreißen, nun werde sich entscheiden, ob Deutschland „Style“ besitze oder nicht – und meinte damit die Frage, ob er selbst oder die Braunschweiger Dumpfrocker Oomph! zum Sieger gekrönt würden. Letztere gewannen, und bei der Siegerehrung gab es ein lautes Pfeifkonzert, angestimmt von enttäuschten Berliner Fans, die lieber ihre Heimatband Mia auf dem ersten Platz gesehen hätten.

Die ewige Rangliste der Bundesländer führt Berlin mit deutlichem Abstand an, was vor allem an den zwei Triumphen von Peter Fox liegt – 2009 gewann er als Solokünstler, vor vier Jahren mit seinem Bandkollektiv Seeed. Den Regeln gemäß wird Peter Fox am Freitag ebenfalls auf der Bühne stehen, allerdings außer Konkurrenz, der Vorjahresgewinner überbrückt bloß in der Halle die Wartezeit während der Telefonabstimmung.

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