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GEO-Sonderheft: Von Currywurst bis Kanzleramt

Der Geist des neuen Berlin, komprimiert auf 162 Seiten: GEO präsentiert ein neues Sonderheft zur Hauptstadt.

Das Beste gibt es gleich am Anfang: Ein Kurzinterview mit dem Spandauer Jürgen Laska, der noch nie in Ost-Berlin war und feierlich schwört, er gedenke den Ostteil der Stadt in seinem Leben auch nie zu betreten. Sehnse, det ist Berlin – das gibt es sonst nirgendwo. Oder ließe sich ein Blankeneser vorstellen, der seinen Fuß nie im Leben auf Wandsbeker Boden setzen will?

Wir befinden uns im aktuellen GEO-Sonderheft, das alle paar Jahre wieder die komplexe Aufgabe zu lösen versucht, den Geist Berlins zu erfassen. Das kann man weder falsch noch richtig machen, dazu gäbe es viel zu viele Aspekte zu berücksichtigen, die im Leben nicht auf die 162 Seiten passen. Zudem dürfen solche Sonderhefte nie in allzu komplexe Gedankenwelten abdriften und auch die hässlichen Seiten der jeweiligen Stadt nur dezent ansprechen, denn sie werden vor allem als aktuelle Reiseführer genutzt.

Gemessen an diesen Einschränkungen ist das Projekt gelungen. Natürlich: das Unvermeidliche.  Kanzleramt und Brandenburger Tor, Mauer und Kunstszene, Newton und Nofretete, schöne Fotos, gute Texte. Auch eher Abseitiges findet Platz wie ein Bericht über den Fernsehturm, der sich um die ziemlich übergeigte Behauptung rankt, es werde um die Frage, wer die Kugel droben erfunden habe, „erbittert gestritten“ – na sowas. Dirk Kurbjuweit beschreibt scharfsichtig die Selbstdarstellungsqualen des tonangebenden „künstlerisch-intellektuellen Komplexes“, es gibt ein paar Idyllen mit Wildsau und Kanadagans am Stadtrand zu sehen. Döner und Currywurst sind immer eher unterschwellig präsent, dafür wird der versinkenden Bulette ein eigenes, arg nostalgisches Stück gewidmet. Gut, dass die Leute gar nicht wissen, was Journalisten so alles traurig finden.

Gegen den Strich geht der Selbsterfahrungsbericht von Henning Sußebach, der sich nach 13 Jahren Berlin in Schleswig-Holstein niedergelassen hat und das Gefühl schildert, nun doch irgendwie freier denken und tiefer atmen zu können – er war unlängst auch hier im Tagesspiegel zu lesen. Den Abschluss macht Klaus Wowereit, der, husch, per Hand die Lücken in einem Fragebogen ausgefüllt hat, und so lauten die letzten Worte in diesem Sonderheft: „. . . ist auch gut so!“

Tendenziell ein Reiseführer, wie gesagt. Aber man kann das meiste auch als Berliner mit Gewinn lesen. bm

— GEO Special: Berlin. Das 162-seitige Heft ist für acht Euro im Zeitschriftenhandel erhältlich.

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