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© Mike Wolff

Lesen: Lyrik unter Diskokugeln

Diesen Donnerstag startet in Mitte ein "literarischer Nachtclub". Auch anderswo gibt es neue Lesereihen.

Das Messingbett steht nicht zur Zierde da. Wird einem Gast langweilig, kann er sich gerne dort hineinlegen, sagt Wolfgang Farkas. Und auch selbst ein Buch lesen, er muss nicht mal eins von zu Hause mitbringen, hier liegen ja genug rum. Andererseits: Wem sollte heute Abend ernsthaft langweilig werden?

Es wird eine Premiere. "Hardcover" heißt die Veranstaltung, die ab sofort einmal im Monat im Haus des kleinen Blumenbar-Verlags stattfindet, der vor kurzem von München nach Berlin gezogen ist. Wolfgang Farkas ist Geschäftsführer und moderiert den Abend, er nennt Hardcover einen "literarischen Nachtclub". Sein Konzept: Statt abendfüllender, oft langatmiger Lesungen soll es lieber mehrere kurze geben, und dazwischen bitte Livemusik, vielleicht auch mal einen Film oder eine Performance. Um Mitternacht wird das Lesen eingestellt, dann legen DJs auf – gerade so laut, dass man tanzen, aber auch genauso gut über die gerade vorgestellten Bücher diskutieren kann. Eine "zeitgemäße Form des Salons" soll es werden, die Gäste können zwischen Plastikstühlen und Sitzkissen wählen. Diskokugeln gibt es auch. Wenn zur Premiere 300 Gäste kämen, wäre Gastgeber Farkas zufrieden.

Die Literaturszene ist riesig in Berlin, sagt er, "aber leider auch stark fragmentiert". Hier die jungen Autoren und Verlagsmenschen aus Prenzlauer Berg und Mitte, da die "etwas reifere Szene im Westteil der Stadt, die sich immer noch in der Paris Bar trifft". Sie alle sollen sich beim literarischen Nachtclub wohlfühlen. Das Maxim Gorki Theater ist Mitveranstalter, mehrere Ensemblemitglieder werden heute vorlesen.

Hardcover ist nicht die einzige neue Lesereihe der Stadt. Vorigen Sonntag war Auftakt des "Literatur-Salons Potsdamer Straße", und in der Yuma-Bar in Neukölln findet seit kurzem immer mittwochs die Veranstaltung „Read on my dear“ statt. Hier werden vor allem Texte präsentiert, die zuvor bereits im Internet veröffentlicht wurden – Veranstalter sind die Macher des populären Blogs spreeblick.de. Den Titel der Reihe konnten die Besucher des Blogs bestimmen, die Vorschläge "Kartoffelsalat" und "Johnny liest, Fred sitzt daneben" fielen durch.

Im Mittelpunkt des Hardcover-Premierenabends stehen die Werke von Leonard Cohen. Der kanadische Sänger hat neben seinen gut hundert Songs auch Lyrik und Prosa geschrieben, aus einzelnen Bänden wird heute rezitiert. Vor allem die späten Gedichte haben es Wolfgang Farkas angetan, die haben viel Witz, sagt er. So verarbeitete Leonard Cohen etwa seine Zeit in einem südkalifornischen Zen-Kloster, dichtete über gescheiterte Versuche, sich durch Meditation mental in Blumen und Hunde hineinzuversetzen oder auch nur vom Rauchen loszukommen.

Für die Auftaktveranstaltung haben die Veranstalter hauptsächlich Bücher ausgewählt, die kürzlich im Blumenbar-Verlag erschienen sind. Das sei aber bloß der knappen Planungszeit geschuldet, sagt Wolfgang Farkas. Künftig sollen auch Werke anderer Verlage gelesen werden. "Das hier wird ganz sicher keine Werbeveranstaltung." 

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