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Stadtleben: Liebesgrüße von der Wolga

Für russische Schwule ist der CSD ein Traum

„Das ist ein großes Glück für mich, dass ich hier heute mitmachen kann, ohne Angst, von jemandem geschlagen zu werden.“ Zum vierten Mal schon nahm der 27-jährige Alexej, Student der Betriebswirtschaft in Berlin, am CSD teil. Er kommt aus Kasan, der an der Wolga gelegenen Hauptstadt der russischen Republik Tatarstan, und die Art, wie die Leute Schwulsein hier akzeptieren, überrascht ihn noch immer. „Ich habe einen deutschen Freund“, erzählt er, „hier muss ich das nicht verheimlichen! Am Silvesterabend waren wir in einem Sushi-Restaurant und haben uns mehr geküsst als gegessen. Keiner hat groß geguckt.“

In der russischen Öffentlichkeit dürfen Schwule und Lesben ihre Gefühle nicht zeigen, sonst laufen sie Gefahr, verspottet oder sogar verprügelt zu werden. Die Gay-Parade in Moskau wird jedes Jahr vom Moskauer Bürgermeister Juri Luschkow verboten und von der orthodoxen Kirche als „große Sünde“ gerügt. Selbst der grüne Bundestagsabgeordnete Volker Beck war 2007 während einer Moskauer Demonstration gegen das Verbot geschlagen und festgenommen worden.

Neben Alexej tanzte gestern die mit ihm befreundete Marina über die Straßen. Sie war extra aus Moskau gekommen, um am CSD teilzunehmen. Als Lesbe hat sie dort sonst keine Chance, im Kreis von Gleichgesinnten offen zu feiern. „Wir treffen uns miteinander nur in bestimmten Klubs“, erzählte die 29-jährige Russin. „Meine Kollegen wissen zum Beispiel gar nichts über meine Homosexualität. Sonst würden sie immer hinter meinen Rücken lästern.“ So bedauert sie jetzt nur, dass sie sich gestern nicht getraut habe, sich schick und bunt anzuziehen. „Aber im nächsten Jahr vielleicht.“Ljubow Rumjanzewa

Ljubow Rumjanzewa

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