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Lindenberg-Musical und Ausstellung: Die Schöne und das Biest

Im Januar kommen Udo Lindenbergs Hits auf die Musicalbühne am Potsdamer Platz. Am Dienstag stellte der Sänger das Stück vor und eröffnete zudem eine Ausstellung mit seinen Bildern.

In seiner Stasi-Akte wird Udo Lindenberg derb abgefertigt. Als gleichgültiger und pessimistischer „Strolch“ wird er beschrieben, nur „durchschnittlich aussehend“. Geschmackssache. Weniger diskutabel ist die Einschätzung, der Musiker sei „ein mittelmäßiger Schlagersänger der BRD, an dem kein Interesse besteht“. Millionen verkaufte Platten bewiesen das Gegenteil. Jetzt bekommt der Deutschrocker sein eigenes Musical, „Hinterm Horizont“, das er am Dienstag vor 200 geladenen Gästen im Theater am Potsdamer Platz vorab präsentierte. Samt Konzert mit einer kleinen Version des Panikorchesters, noch einmal den Original-Udo sozusagen, bevor Schauspieler übernehmen. Weil das Stück erst am 13. Januar anläuft, eröffnete der Rock-Opa schon mal eine ab sofort hier zu sehende Ausstellung seiner Kunstwerke – und malte gleich ein neues.

Auf einer acht Meter langen Leinwand, die der Berliner Mauer nachempfunden ist, schlürft Strichmännchen-Udo Sekt, kommt sich ein Pärchen näher, ist das Brandenburger Tor zu sehen, Berlin, die Einheit. Udo malt, das Publikum kichert. Mit dem selbst erfundenen Ejakulator, einem umgebauten Schlagzeug, aus dem bei jedem Trommelschlag Farbe schießt, bespritzt Lindenberg die Leinwand. Daneben sind mehr als 40 Werke zu sehen, in denen es meist um Einheit und Mauerfall geht. Auch Auszüge aus Lindenbergs Stasi- Akte sind ausgestellt. Bis der Musical- Udo, gespielt von Serkan Kaya, auf der Bühne in den Sonderzug nach Pankow steigt, müssen Theaterbesucher mit den Bildern vorliebnehmen. Ohne Musical-Ticket gibt es allerdings nur die Kunst in der Eingangshalle zu sehen.

Passend zum gerade vergangenen großen Einheitsjubiläum geht es auch im Musical um Stacheldraht und Mauer, Osten und Westen. Der junge Udo findet endlich sein innig besungenes „Mädchen aus Ostberlin“. Die heißt Jessy und wird gespielt von der 23-jährigen Josephin Busch aus Pankow. Trotzdem nannte Lindenberg sie bei der Vorstellung mehrfach Jessica. Aber egal, Udo darf das, keine Panik. Jessy verknallt sich in Lindenberg beim legendären DDR-Konzert im Palast der Republik im Oktober 1983, die Liebesgeschichte kann beginnen. Trotzdem soll das Stück „keine Ostalgiekomödie“ werden. Im Gegenteil: Eine Rock-Oper. Ein typisches Musical? Für Lindenberg undenkbar, es muss rocken. Jessy-Darstellerin Busch bewies im Duett mit Udo, dass sie „keine Musicalsängerin mit diesem Vibratorgejaule“ ist, sondern „eine Rockerin“, wie Udo sagt. Man merkt: Gleichgültig, wie es in der Stasi-Akte heißt, ist Lindenberg sein Bühnen-Ich keineswegs. Der Star will bis zur Premiere nah dabei sein und deswegen mehr Zeit in Berlin verbringen. Nach Weihnachten will er dann erstmal ganz in die Stadt ziehen, eine 70-Quadratmeter-Suite im Grand Hyatt am Potsdamer Platz neben dem Musicaltheater ist schon angefragt. Wie lange er bleibt, ist offen. Berlin bekommt Udo nicht nur als Musical und Ausstellung, sondern vielleicht auch bald als Museum. Die Eröffnung des Panikmuseums, ein Haus angefüllt mit Lindenbergs Lebenswerk, schließt er nicht aus.

Die Bühnen-Geschichte um den 64-Jährigen kommt von Schriftsteller Thomas Brussig („Sonnenallee“), der bei dem Konzert 1983 übrigens extra durch die Spree schwamm, um dabeisein zu können – allerdings erfolglos. TV-Moderator Reinhold Beckmann, der am Dienstag moderierte, war damals als Assistent eines Fernsehteams an Udos Seite. Gerade erst veröffentlichte er eine Dokumentation zu den Ereignissen, die im Januar ins Fernsehen kommen soll. Die Regie des Musicals führt Ulrich Waller. Der wollte Udos Geschichte schon lange auf die Bühne bringen, was den Musiker auch schnell begeisterte. Die Proben starten am 10. November. Der Panikrocker kündigte bereits an, die Darsteller würden extra in „Nuscheltechnik und Paniktanz“ ausgebildet, die richtige Stimme garantiere Gurgeln mit Eierlikör.

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