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Muslime: Heute schon gelacht? Der Ramadan beginnt

Berliner Muslime feiern den Fastenmonat Ramadan. Ein Fragebogen soll besonders jugendlichen Gläubigen beim Einhalten der Regeln und Pflichten helfen.

Den ganzen Tag kein Brot, kein Wasser – und trotzdem ein Grund zum Jubeln. „Der langersehnte Fastenmonat beginnt“, schreibt etwa der deutschsprachige Muslimkreis Berlin auf seiner Internetseite, „und Allah bietet uns wieder besondere Möglichkeiten, uns Ihm zu nähern.“ Am Freitag hat der Fastenmonat Ramadan begonnen. In Berlin stellen sich viele der rund 200 000 Muslime seit Wochen auf die spirituellste Zeit im Jahr ein. Allerorten laden Muslime zum gemeinsamen Fastenbrechen nach Sonnenuntergang ein, Politiker und Vereine verschicken Ramadan-Botschaften. Im Internet tauschen Hausfrauen Basteltipps („Windlicht mit orientalischem Lochmuster“) und Rezepte aus („Hackfleisch-Bulgurbällchen für zwischendurch“).

Für viele junge Muslime in Deutschland gehört das Fasten zum Teil ihrer Identität . Die 19-jährige Seyda Altiok und ihr Bruder etwa fasten, obwohl ihre Eltern das nicht tun. „Das kommt von meinen Freundinnen“, sagt die Neuköllner Gymnasiastin, „die tun das alle.“ In ihrer Küche hängt ein Ramadankalender mit den Zeiten für Sonnenauf- und -untergang. Jede Nacht stehen die Kinder auf und essen, was die Mutter ihnen abends zubereitet hat. Das sei nicht immer leicht, aber eine gute Sache für die Selbstdisziplin. „Rückfälle“ habe sie manchmal, wenn Prüfungen anstehen oder großer Leistungsdruck in der Schule herrscht. „Ohne Essen ist der Kopf so leer“, sagt Seyda.

Der Ramadan ist auch eine Zeit, in der sich radikale Muslime stärker präsentieren. Die Al-Nur Moschee in Neukölln etwa, eine ultrafromme Gemeinde, die vom Verfassungsschutz beobachtet wird, wirbt massiv um Nachwuchs. Pünktlich vor der islamischen Fastenzeit hat sie daher E-Mails mit Excel-Dateien verschickt: Ein Rechenschaftsbericht und eine Zielkontroll-Tabelle zum Ausdrucken für junge Fastende, die pro Tag und Frage mit einem Plus oder Minus versehen werden sollen.

„Habe ich versucht, übertriebenes Lachen und Scherzen zu vermeiden?“, steht da etwa. Aber auch: „Habe ich bei Allah Zuflucht vor der Pein des Höllenfeuers gesucht?“ Der Sprachstil richtet sich eindeutig an junge Muslime: „Habe ich das freiwillige Nachtgebet verrichtet oder habe ich es verpennt?“ Idealerweise, so steht auf einem der Zettel, mehren sich die Pluszeichen im Laufe des Monats.

Ferda Ataman

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