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Stadtleben: Strampeln für den Erfolg

Dennis Steinhilber hält mit seinem Velotaxi die Touristen in Bewegung

Dennis Steinhilber muss schon kräftig in die Pedale treten, damit sich sein Radtaxi in Bewegung setzt. Trotz der modernen plastikverschalten Kabine für die Fahrgäste erinnert das Gefährt an Fahrrad-Rikschas, wie sie in Indien und China üblich sind. Im Gegensatz zum asiatischen Vorbild unterstützt ein kleiner Motor Steinhilber beim Anfahren oder wenn es zu steil bergauf geht. Letztlich muss aber die Muskelkraft das Gewicht des Fahrzeugs und der Insassen wuchten.

„Die erste Woche in diesem Job war wirklich hart“, erinnert sich Steinhilber, der die vierte Sasison unterwegs ist. Nicht verwunderlich, denn die Radtaxis legen täglich im Schnitt zwischen 30 und 50 Kilometer zurück. Bei großen Ereignissen kann die Kilometerzahl sogar noch etwas steigen. „Bei der Fußballweltmeisterschaft waren die Velotaxis quasi im Dauereinsatz“, sagt Steinhilber. Nach jedem Berlin-Marathon lassen sich zudem entkräftete Sportler in die benachbarten Hotels kutschieren, was für die Fahrer Zusatzschichten bedeutet.

„Mein Service beschränkt sich nicht auf das bloße Fahren“, betont der 30-Jährige. Touristen liefert er auch historische Hintergründe und vermittelt Wissenswertes zu den Attraktionen Berlins. Stadtführungen dieser Art seien besonders zwischen Brandenburger Tor, Potsdamer Platz und dem Alexanderplatz sehr beliebt. Wenn gewünscht, zückt Steinhilber seine Kamera und lichtet seine Kunden vor Sehenswürdigkeiten.

Dadurch wachsen mitunter engere persönliche Verbindungen in alle Welt. So besteht seit zwei Jahren ein reger E-Mail-Kontakt mit einem Fahrgast Indonesien, dem Steinhilber das Erinnerungsfoto über das Internet zusandte. Ansonsten sei er für viele deutsche oder ausländische Besucher eine „wandelnde Infosäule“ wenn es mal wieder mit der Orientierung hapert.

Derzeit ist die „Personenbeförderung mit dem Rad“, wie die Eintragung auf seinem Gewerbeschein lautet, Steinhilbers Hauptberuf. Für einen kleinen Betrag mietet er das Fahrzeug von einem Unternehmen, das auch die Wartung der Fahrzeugs übernimmt und den gesamten Fuhrpark mit Werbung finanziert. „Ich darf im Gegenzug die Einnahmen der Fahrten vollständig behalten und kann davon gut leben“, erklärt der „Berufsradfahrer“, der nach abgebrochenem BWL-Studium ins Fahrradtaxi wechselte.„Einmal wurde ich von Gästen für sieben Stunden gebucht und sogar zum Essen eingeladen“, erzählt Steinhilber. Zudem seien üppige Trinkgelder keine Seltenheit, wenn sich die Kunden gut betreut fühlten.

„Das ist wohl der tollste Job, den ich jemals haben werde“, ist sich der durchtrainierte Radler sicher, wenngleich auch ihm dämmert, dass diesem Broterwerb natürliche, physische Grenzen gesetzt sind: „Man kann nicht ewig in die Pedale treten, denn die Knie werden ja auch nicht jünger.“ Steinhilber selbst will solange wie möglich hinter dem Lenker sitzen. Nach dem Saisonende am 31. Oktober soll es aber wieder zurück an die Universität gehen. Ein Lehramtsstudium für die Fächer Sport und Geschichte ist dann das erklärte Ziel. ddp

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