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Stadtleben: Strand im Getriebe

AUFTRITT DER WOCHE: „Sylt“ heißt das neue Album der Rockband Kettcar Am Sonnabend spielen die fünf Hamburger in der Columbiahalle

Neulich in Griebnitzsee. Vor dem S-Bahnhof kurz hinter der Stadtgrenze haben sich 100 junge Menschen im sonnigen Biergarten versammelt. Das Pils kostet zwei Euro, das Konzert ist gratis. In der Mini-Bahnhofspinte „Das Lokal“ tritt die Hamburger Rockband Kettcar auf, es soll ein Geheimkonzert sein. „Hallo Potsdam!“, ruft Sänger Marcus Wiebusch, 39, greift zur Gitarre und spielt seine Lieder durch das offene Kneipenfenster. Ach, war das schön!

Neulich in Hamburg. Da haben Kettcar an sechs Tagen in sechs Hallen sechs Mal die Bude vollbekommen. Aber das ist ja auch ihre Heimat. Viel ungewöhnlicher, mit Blick auf den Griebnitzsee, war das Konzert im ehemaligen Grenzbahnhof. Auch wenn das Örtchen Griebnitzsee ebenfalls fast schon so etwas ist wie die zweite Heimat von Kettcar. Auf der anderen Seite der Bahntrasse liegt nämlich der „Lindenpark“. Das ist eine Konzerthalle im ruhigen Wohnviertel, auf dessen Gelände vorigen Juli das „Fest van Cleef“ über die Bühne ging, auf dem die Jungs von Kettcar und ihre Freunde im Nieselregen auftraten. Auch Heike Makatsch kam damals vorbei, ihr Freund Max Schröder ist Musiker bei Tomte, aber das nur nebenbei. Jedenfalls spielen Kettcar überaus gern in Griebnitzsee. Übrigens haben die Potsdamer beim Geheimkonzert im S-Bahnhof völlig zu Recht laut aufgejault, als Sänger Marcus Wiebusch sie als Berliner bezeichnete.

Jetzt haben die Indierocker ein neues Album herausgebracht und präsentieren es in – falsch! – Tempelhof. Am kommenden Sonnabend spielen sie in der Columbiahalle, gegenüber vom Flughafen. Genauso ungewöhnlich wie der Ort ist auch der Name der neuen Platte. „Sylt“ heißt es. Und weil da so viele an Scampis, Promis am Strand und Protzkarren denken, passt das so gar nicht zur Band. „Wir wollten einen kurzen, verstörenden Titel, der nichts mit dem Album zu tun hat“, hat Marcus Wiebusch jüngst erzählt. „Und Sylt ist ein sehr, sehr starkes Wort.“ Jeder könne sofort sein ganz persönliches Bild von der Nordsee-Insel abrufen: „Ich verbinde damit zum Beispiel prolligen Reichtum und eine wunderschöne Insel.“

Die Geschichte der Band Kettcar ist eine angenehm-ehrliche in einem Business, das schwer von Medienhypes und Castingshows geprägt ist. Mit dem Bassisten Reimer Bustorff und Thees Uhlmann von Tomte hatte Wiebusch die Plattenfirma „Hotel Grand van Cleef“ gegründet, weil 2002 kein anderes Label ihr Debütalbum veröffentlichen wollte. Mit dem zweiten Album „Von Spatzen und Tauben, Dächern und Händen“ schafften sie 2005 den Durchbruch und den Sprung auf Platz fünf der Charts. Geradezu absurd war, dass damals sogar die „Tagesthemen“ über die relativ unbekannte Indieband minutenlang berichteten.

Ihr neues Album „Sylt“ ist vorige Woche schon wieder auf Platz fünf geklettert. Und ganz heimatlos werden Kettcar auch in Tempelhof nicht sein. Ihr Kumpel Thees Uhlmann, der Tomte-Sänger, wohnt mittlerweile gar nicht so weit entfernt in Kreuzberg. André Görke

Das Konzert beginnt am Sonnabend um 20 Uhr in der Columbiahalle am Columbiadamm 13. Karten kosten 20 Euro, im Internet kann man sie unter der Adresse www.berlin-ticket.de bestellen.

André Görke

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