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THEKEN Tanz: Lebensstern

Wie das klingt - „Lebensstern“. Strahlend, kostbar, esoterisch, edel, kitschig, auch ein wenig verträumt – Assoziationen wehen durcheinander.

Von Frank Jansen

Wie das klingt - „Lebensstern“. Strahlend, kostbar, esoterisch, edel, kitschig, auch ein wenig verträumt – Assoziationen wehen durcheinander. Als das Stammhaus des wien-wohligen Café Einstein in der Kurfürstenstraße eine Bar im 1. Stock mit diesem Namen eröffnete, konnte man einen Habsburger Himmelsplaneten erwarten. Freudig stieg das drinking couple zum Lebensstern empor – dem einstigen Herrenzimmer der Villa von Henny Porten, die in den 20er Jahren als Stummfilmdiva und später im Tonfilm das Land begeisterte. Rückgrat hatte sie auch – als die Nazis verlangten, Porten müsse ihren jüdischen Mann verlassen, weigerte sie sich und nahm einen Karriereknick in Kauf.

Ein melancholisches Portrait der Schauspielerin, prangt wie eine Krone auf der Tresenwand. Das Mobiliar ist eine dunkle Hommage an die 20er Jahre. Den vorderen Raum dominiert der Holztresen, unten zieht sich ein goldiger footrail entlang. Tische, Stühle und Lederpolsterbank sind erhöht – die Gäste werden dem Lebensstern hochsitzartig näher gebracht. Die Beleuchtung kommt über sanftes Dämmern nicht hinaus. Der kleine Kronleuchter im vorderen Raum schimmert nur schwach. Die Funzelei ist riskant. Sie kann Gäste schneller ermüden als harte Drinks.

Im zweiten Zimmer bekämpfen sich ein schweres Ledersofa, ein noch wuchtigeres Piano und eine Jukebox, die frech blinkend dem Düsterdesign trotzt. Das tat auch die Beschallung mit greatest hits aus James-Bond-Filmen. Doch der Sound kam nicht aus der Jukebox, sondern aus einer Stereoanlage am Tresenrand.

Der Keeper, ein freundlicher Kahlkopf, brachte die üppige Karte. Allein Gin ist mit 20 Sorten aufgelistet, bei Wodka sind es sogar 50. Die Zahl der Cocktails ist allerdings weitgehend auf Klassiker begrenzt.

Der drinking man bestellte einen Sloe Driver (Sloe Gin, Orangensaft), der leicht und erfrischend den humiden Teil des Abends einleitete. Die compañera stemmte einen Mai Tai, dessen Schwere kaum zu übertreffen ist. Es folgten ein Haifischzahn (Sloe Gin, Bombay Sapphire Gin, Zitronen-, Ananas- und Orangensaft), der den Gaumen nicht schlitzte, sondern angenehm befeuchtete, und ein Strudel. Ja, Strudel. Dieser nicht-alkoholische Mix, geprägt von Zimt- und Ahornsirup und Apfelaromen, schmeckt wie eine verflüssigte Version der berühmten Mehlspeise. Superb. Der Lebensstern-Strudel ist auch mit Jamaica Rum erhältlich.

Sehr schön. Auf diesem Lebensstern kann man verweilen. Zu wünschen wäre nur, der Keeper dächte an Goethes letzte Worte: „Mehr Licht“. Frank Jansen

Lebensstern, über dem Café Einstein, Kurfürstenstraße 58, Tiergarten, Tel.: 263 91 922, dienstags bis samstags ab 19 Uhr

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