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Tram

© Steinert

Tram: Zurück in die Zukunft

Einst rollten 33 Linien durch West-Berlin. Doch vor 40 Jahren wurde der Straßenbahnverkehr im Westteil eingestellt. Jetzt wird über neue Strecken für die Tram diskutiert.

Als am 2. Oktober 1967 die letzte Bahn der Linie 55 von Hakenfelde zum Bahnhof Zoo gerollt war, nahm die West-Berliner Straßenbahngeschichte ein vorläufiges Ende. Auch in den 18 Jahren seit dem Mauerfall hat es die Tram nur mit einer Linie zurück in die ehemaligen Westbezirke geschafft. Doch das Urteil des Bundesverwaltungsgerichtes zum Schutz der Anwohner stark befahrener Straßen vor der Feinstaubbelastung und die kommende Umweltzone in der City geben der Diskussion um den Ausbau des umweltfreundlichen Verkehrsmittels wieder neuen Schwung.

Vor 50 Jahren waren es noch 33 Linien, die auf 247 Kilometern Streckenlänge West-Berlin erschlossen. Zehn Jahre später war Schluss, weil der Senat das durch Busse ergänzte U-Bahnnetz für ausreichend hielt. Seit 1995 rollt wieder eine Tram zum Louise-Schröder-Platz in Wedding. Zwei Jahre später wurde die Linie zum Virchow-Klinikum verlängert.

Neubaupläne gibt es gegenwärtig nur für den Ostteil der Stadt, wo die Straßenbahn stets eine wichtige Rolle spielte. Bis 2011 sollen drei Tram-Linien durch die Invalidenstraße (Mitte) bis zum Hauptbahnhof rollen, der immerhin kurz hinter dem ehemaligen Grenzstreifen liegt. Grünes Licht wurde vor wenigen Wochen auch für die Strecke vom S-Bahnhof Adlershof über die Rudower Chaussee zur Max-Born-Straße (Treptow-Köpenick) gegeben.

„Grundsätzlich können wir uns eine Tram auch in der Leipziger Straße vorstellen“, sagt die Sprecherin von Stadtentwicklungssenatorin Ingeborg Junge- Reyer, Manuela Damianakis. Doch darüber oder gar über weitere Trassen vielleicht sogar in den Westbezirken wie die diskutierte Route ins Märkische Viertel gibt es keine Entscheidungen.

Gegenwärtig ist die Verwaltung dabei, den Stadtverkehr zu analysieren. Die Tram sei „ein außerordentlich bewährtes Verkehrsmittel“, sagt Damianakis. Ob und wo ihr Einsatz in der Stadt „wirtschaftlich Sinn macht“, soll aber erst noch ermittelt werden. Bei der BVG hält man sich zurück. „Wir sind der Dienstleister, der Senat muss entscheiden, was er bestellt“, sagt deren Sprecherin Petra Reetz.

Straßenbahnen gelten nicht nur im Vergleich mit Bussen als das leistungsfähigere Verkehrsmittel, sondern zeichnen sich auch durch besonders geringe Schadstoffemissionen aus. Für die Initiative Pro-Tram Berlin sind die trotz eigener Spuren und Ampel-Vorrangschaltung deutlich langsamer vorankommenden Busse keine Alternative zum Ausbau des Straßenbahnnetzes. „Die moderne Straßenbahn ist umweltfreundlich, schnell, leise und im Vergleich zur U-Bahn sehr preiswert, zumindest wenn sie richtig geplant wird“, heißt es beim BUND. Der Umweltverband fordert schon seit langem eine Rückkehr zur Tram für ganz Berlin.

Bürger in den Westbezirken würden sich dann allerdings erst wieder an das Schienenverkehrsmittel gewöhnen müssen. Moderne Trams sind recht leise und haben einen langen Bremsweg. Beim Überqueren der von ihnen genutzten Straßen ist deshalb besondere Aufmerksamkeit geboten. Am Donnerstag wurden, wie berichtet, in der Osloer Straße eine Mutter und ihre Tochter von einer Bahn erfasst, nachdem sie laut Polizeibericht eine rote Ampel missachtet hatten. Die Frau starb, das Kind wurde schwer verletzt. Im vergangenen Jahr kamen sechs Menschen bei Unfällen mit Straßenbahnen ums Leben – einer davon ebenfalls im Wedding: Ein älterer Mann hatte eine einfahrende Tram übersehen.

Rainer W. During

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