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Gärtnern in der Großstadt: Wo die Berliner gärtnern können

Die Berliner zieht es wieder ins Grüne. Ob Kiezgärten, Privat-Acker oder Laubenpieper: Möglichkeiten, seinen grünen Daumen einzusetzen, gibt es in Berlin viele. Ein Überblick.

Alle Zeichen stehen auf Grün: In der Pappelallee kommen Saatgut-Kapseln aus einem Kaugummi-Automaten, Facebook-Nutzer verabreden sich zum massenhaften Sonnenblumen-Pflanzen, auf dem ehemaligen Tempelhofer Flughafenfeld starten drei Gartenprojekte: Die Berliner haben das Gärtnern wieder entdeckt. Mit Biotopen in Balkonkästen oder dem obligatorischen Basilikumtopf auf dem Küchentisch muss sich niemand mehr zufrieden geben: Mit den Händen in der Erde wühlen - das kann man in Berlin auch an anderer Stelle.

Eine schnelle Methode ist das „wilde Gärtnern“ auf der Straße: Dafür sucht man sich eine kahle Baumscheibe oder eine trostlose Verkehrsinsel, lockert dort die Erde auf, sät Pflanzensamen, gießt das Ganze regelmäßig und kann sich und die Umwelt dann an bunten Blumenbeeten erfreuen. „Guerilla-Gardening“ nennt sich die Bewegung, die teils auch in Nacht-und-Nebel-Aktionen durch die Straßen zieht, um in gärtnerischer Mission die Stadt zu verschönern. Denn: Das Bepflanzen städtischer Grünanlagen ist gesetzlich verboten, die Aktion ist also streng genommen illegal. Von den meisten Grünflächenämtern wird das Wildgärtnern jedoch toleriert, schließlich ist in den meisten Bezirken das Etat für Blumenzwiebeln knapp.

Gärtnern mit der Nachbarschaft

Die erweiterte – und legale – Version des Baumscheibenbepflanzens sind so genannte Kiezgärten: Nachbarschaften, Initiativen und Vereine haben vermüllte Stadtbrachen, ehemalige Schulhöfe oder selten genutzte Parkanlagen in bunte Gemeinschaftsgärten verwandelt. Mehr als 20 solcher Mitmach-Gartenprojekte finden sich mittlerweile in ganz Berlin. Dort wird gemeinschaftlich gegraben, gepflanzt, gegossen und geerntet, oft gibt es auch kleine Flächen für individuelle Beete. Im Zentrum steht dabei das Miteinander: So gibt es unter anderem in Neukölln, Köpenick und Marzahn „Interkulturelle Gärten“, in denen Menschen verschiedener Nationen gemeinsam die Harke schwingen. In Kreuzberg, Lichtenrade und Mahlsdorf starteten „Generationengärten“, in denen Senioren und Kinder aufeinandertreffen. Der „Prinzessinnengarten“ in Kreuzberg verfolgt ein etwas anderes Konzept: Dort geht es vor allem darum, die Vielfalt der Pflanzen zu erhalten und Möglichkeiten urbaner Landwirtschaft zu schaffen. Statt Gemeinschaftsbeeten stehen erdgefüllte Brotkästen auf dem Moritzplatz, so genannte „mobile Beete“, in denen verschiedene, auch alte, Gemüsesorten kultiviert werden. Mitmachen darf jeder: Im „Prinzessinnengarten“ wie auch in anderen Kiezgärten gibt es offene Gartenarbeitsstunden, in denen man sich nach Herzenslust die Hände schmutzig machen kann. Das ist das Gute: Selbst wer keinen grünen Daumen hat, kann mitgärtnern und muss nicht alleine fürs Wachsen und Gedeihen sorgen. Zur Selbstversorgung reicht die Ernte meist zwar eher nicht, dafür hat man am Ende der Saison einige gärtnerische Handgriffe und viele neue Menschen kennengelernt.

Raus aufs Land - und einen Acker mieten

Wer sich gerne gesund ernährt und seinen Gemüsebedarf mit Lebensmitteln aus dem eigenen Anbau decken will, der muss ein Stück raus aufs Land fahren: In Wartenberg, Rudow und Werder/Havel kann man sich seit diesem Jahr beim Gartenprojekt „Meine Ernte“ eine Ackerparzelle mieten. Gartenerfahrung brauchen die Amateur-Bauern nicht: Das Feld ist bei der Übergabe mit vielen verschiedenen Gemüsesorten bepflanzt. Erbsen, Fenchel und Zuckermais müssen nur noch gegossen, gepflegt und geerntet werden. Der Traum vom eigenen Acker kostet 179 Euro für die 45-Quadratmeter-Single-und-Pärchen-Parzelle und 329 Euro für eine 85-Quadratmeter-Familienfläche. Freie Felder gibt es noch in Potsdam, in Berlin sind alle Parzellen für dieses Jahr schon ausgebucht. Da die Ackerflächen immer nur saisonweise vermietet werden, gibt es aber gute Chancen auf einen Gemüsegarten im nächsten Jahr. Der Zeitaufwand ist mit 1-2 Stunden in der Woche gering – so kann sich auch der beschäftigte Großstädter die Zutaten für vegetarische Kochexperimente selbst anbauen.

Zurück in die Kleingartenkolonie

Neben diesen Errungenschaften der Gartenszene erlebt auch die ureigenste Form des „Urban Gardenings“ ein Revival: Der gute, alte Schrebergarten. Die Vorstellung, das Wochenende im Grünen zu verbringen, lockt seit einigen Jahren vermehrt auch Jüngere in die Kleingartenkolonien. Insbesondere die Anfragen junger Familien haben sich den Kleingartenverbänden zufolge stark gesteigert. Zwar ist so ein Dasein als „Laubenpieper“ mit gewissen Vorschriften verbunden – auf mindestens einem Drittel der Fläche muss Obst und Gemüse angebaut werden, außerdem verlangen viele Kleingartenvereine sorgsam gepflegte Gärten und Engagement ihrer Mitglieder. Doch dafür bietet es die Möglichkeit, ein eigenes Fleckchen Grün nach Lust und Laune zu begärtnern: Ob Apfelbäume oder Erdbeerfelder, Kräutergarten oder Kartoffelacker, Gartenzwerg oder Liegestuhl – der Gestaltungsfreiheit des Schrebergärtners sind keine Grenzen gesetzt. Da es einige Zeit in Anspruch nimmt, die durchschnittlich 250qm- Parzellen zu bewirtschaften, ist es ratsam, sich in einer Kolonie in der Nähe der Wohnung anzusiedeln und so auch mal nach Feierabend eine Runde mit der Gießkanne zu gehen. Den perfekten Garten zu finden, kann dauern – bis zu drei Jahre verbringen manche Anwärter auf der Warteliste. Zwar gibt es in vielen Bezirken auch freie Parzellen, doch wer es auf eine bestimmte Kolonie abgesehen hat, muss warten bis dort jemand aus seiner Laube auszieht. Die Übernahme eines Gartens samt Laube und Bepflanzung kostet dann einmalig zwischen 2000 und 5000 Euro, die jährlichen Pachtzinsen samt Extrakosten belaufen sich auf ungefähr 500 bis 600 Euro. Das ist zwar etwas teurer als Ackerparzellen und Kiezgärten – dafür kann man hier 365 Tage lang die Natur in den eigenen vier Heckenzäunen genießen.

INFOS:

Wer als „Guerilla Gärtner“ die Stadt verschönern und direkt vor der Haustür gärtnern will, kann sich auf dieser Internetseite Tipps zum Wildgärtnern holen und sich mit anderen Gartenaktivisten weltweit zusammenschließen:

http://www.guerrillagardening.org/

Nachbarschaftliche Gemeinschaftsgärten gibt es in ganz Berlin. Wo die Kiezgärten zu finden sind und welche grünen Projekte in Planung sind, kann man sich auf folgender Plattform anschauen:

http://www.urbanacker.net/

Einen Überblick über die Interkulturellen Gärten in Berlin bietet auch diese Internetseite:

http://www.stiftung-interkultur.de/gaerten-im-ueberblick

Wer vor allem darauf aus ist, sich vom selbst angebauten Gemüse zu ernähren, der kann sich auf der Internetseite von „Meine Ernte“ noch eine Ackerparzelle in Werder/Havel sichern oder sich für Äcker in Rudow und Wartenberg für die nächste Saison vormerken lassen:

www.meine-ernte.de/

Der traditionellste Weg zum eigenen Fleckchen Grün führt in die Kleingartenkolonie. Wo es Schrebergärten gibt, welche Parzellen zurzeit frei sind und wie man zu einer eigenen Laube kommt, findet sich auf den Seiten des bundesweiten Kleingartenvereins und dem der „Gartenfreunde Berlins“:

http://www.kleingarten-bund.de/

http://www.gartenfreunde-berlin.de/

Emilia Ulbricht

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