zum Hauptinhalt
Pflegt das Wort Gottes: Lissy Eichert, Pastoralreferentin in Neukölln und Sprecherin beim "Wort zum Sonntag" in der ARD.

© Paul Zinken/dpa

Starke Worte und gute Taten in Neukölln: Die Christophorus-Gemeinde engagiert sich – nicht nur für Flüchtlinge

Mitten im "sozialen Brennpunkt" ist die Heimat der Christophorus-Gemeinde. Die Mitglieder wollen "den alten Mief aus den Gemeinden pusten". Ein Gottesdienstbesuch.

Lissy Eichert unterbricht, blickt zur Tür und lacht. Mutter, Vater und Kleinkind stehen dort, gekommen aus der Kälte, eine halbe Stunde nach Gottesdienstbeginn. „Vielleicht rede ich einfach immer weiter, dann kommen immer mehr Menschen“, sagt die Pastoralreferentin. Doch sollten ihre Worte tatsächlich die Kraft haben, Leute in die Christophoruskirche in Nord-Neukölln zu bringen, könnte es eng werden – 25 Stühle stehen im Vorraum der Kirche, fast alle sind jetzt belegt.

Die Kraft der Worte ist das Thema beim Gottesdienst am Samstagabend. Worte seien „schärfer als ein zweischneidiges Schwert“, sagt Pfarrer Karl Hermann Lenz, den sie hier „Kalle“ nennen. „Gott, du hast Worte ewigen Lebens“, singt die Gemeinde. Und um das Wort „Halleluja“ geht es in der Ansprache von Lissy Eichert – Ansprache, denn nicht Geweihte dürfen offiziell bei einer Eucharistiefeier nicht predigen, auch nicht Eichert, die oft in der ARD das „Wort zum Sonntag“ spricht.

Gemeinde bietet Kirchenasyl

In der Christophorus-Gemeinde ist es üblich, dass nicht nur der Priester das Wort Gottes erklärt; ohnehin versuchen sie hier, im „sozialen Brennpunkt“ Nord-Neukölln, den Umbruch in Kirche und Gesellschaft mitzugestalten – dazu gehört beispielsweise, den wenig besuchten Samstagabend-Gottesdienst familiär im kleinen Vorraum der Kirche zu feiern. Worte zu Taten werden lässt die Gemeinde beispielsweise in der Flüchtlingsarbeit, im Wortsinne ein naheliegendes Thema – die Gerhart-Hauptmann-Schule liegt um die Ecke.

Schon lange bietet die Gemeinde, als erste katholische in Berlin, Kirchenasyl. Auch in der Obdachlosenhilfe ist sie aktiv. Und mehrmals pro Woche trifft sich eine Selbsthilfegruppe Suchtkranker in den Räumlichkeiten. Diese Treffen seien „hoch spirituell“, sagt Pfarrer Lenz im Gottesdienst. Er betet um die Kraft, den „alten Mief aus den Gemeinden zu pusten“. Da kann es helfen, wenn junge Familien den Weg hierher finden – und wenn erst eine halbe Stunde nach Gottesdienstbeginn.

1993 kamen Lenz und Eichert nach St. Christophorus. Der Tagesspiegel-Autor hat damals eine "höchst ungewöhnliche katholische Gemeinde" erlebt. Lesen Sie hier seinen Bericht: "Holzauge sei wachsam" predigen die Seelsorger (Download als PDF).

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false