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Es geht noch viel schlimmer. Bei 31 europäischen Städten mit mehr als 800 000 Einwohnern liegt Berlin an 13. Stelle in der Stau-Statistik. 26 Prozent mehr Zeit brauchen die Berliner durchschnittlich bis zum Ziel – verglichen mit einer Fahrt auf freien Straßen. Der Stau in der Friedrichstraße ist für viele längst Routine.

© Doris Spiekermann-Klaas

Staustatistik: 69 Stunden Stau – jedes Jahr

Berlins Autofahrern geht’s vergleichsweise gut. Die Warterei ließe sich aber noch deutlich verkürzen, wenn Autofahrer besser über Hindernisse informiert werden würden.

Berlin hat breite Hauptstraßen, auf denen verglichen mit anderen großen Städten verhältnismäßig wenig Autos unterwegs sind. Der Anteil der Autofahrer geht in der Innenstadt sogar zurück. Und trotzdem steht man ständig im Stau. Bei 31 untersuchten Städten in Europa mit mehr als 800.000 Einwohnern liegt Berlin, wie berichtet, an 13. Stelle in der Stau-Statistik. 26 Prozent mehr Zeit brauchen die Berliner durchschnittlich, um ihr Ziel zu erreichen – verglichen mit einer Fahrt auf freien Straßen. Die Zahlen sind exakt ermittelt worden; die Ursachen vielfältig und weniger eindeutig zu bestimmen. Um Staus zu vermeiden, sei es am wichtigsten, Autofahrer über Hindernisse zu informieren, sagt Andreas Erwig vom Navigationsgerätehersteller Tomtom.

Das Unternehmen erhebt weltweit Daten zum Verkehr, gesteuert von 55 Mitarbeitern in Berlin. Basis sind die Daten der Navigationsgeräte, deren Weitergabe die Nutzer vorher zugestimmt haben müssen. Bei Geräten, die online geschaltet sind, werden nach Erwigs Angaben die Daten innerhalb von fünf Minuten verarbeitet. Zum Vergleich: Das System für die Verkehrsmeldungen im Radio kann dem Geschehen um 30 bis 50 Minuten hinterherhinken. Ein Stau kann so vermeintlich aktuell gemeldet werden, wenn er sich tatsächlich bereits wieder aufgelöst hat.

Mehr als die Hälfte der Käufer von Navigationsgeräten lasse die Daten auswerten, sagt Erwig. Diskretion sei dabei gesichert. Regelmäßig zurückgelegte lange Strecken, aus denen man auf den Wohnort oder den Arbeitsplatz schließen könne, würden zum Beispiel beim Verarbeiten der Daten verfremdet. Die tatsächlich benötigte Zeit für eine Fahrt wird verglichen mit derjenigen in der Nacht, für die weitgehend freie Straßen angenommen werden. Um auf realistische Werte zu kommen, werden nach Erwigs Angaben dabei die Daten der Raser nicht berücksichtigt.

So kommt heraus, dass sich in Berlin die Fahrzeit in den morgendlichen Spitzenstunden um 42 Prozent verlängert; am Abend sind es sogar 44 Prozent. Verteilt auf den gesamten Tag ergibt sich ein Wert von 26 Prozent. Im Jahr stehen die Autofahrer in Berlin damit rechnerisch 69 Stunden im Stau.

Beim Stauspitzenreiter Warschau, wo sich die Fahrt am Morgen um 89 Prozent verlängert, sei die Ursache klar, sagt Erwig: Dort gebe es viele Engstellen im Straßennetz, verbunden mit Baustellen. Auf 106 Stunden Stau bringen es die Warschauer jedes Jahr. In Berlin sei die Ursachensuche schwieriger. Hier gebe es eine große Zahl von Pendlern, die während der Woche in der Stadt blieben, was erkläre, dass es Montag früh die meisten Staus gebe. Abends verliert man dagegen an Donnerstagen die meiste Zeit. Ob die Pendler da schon die Stadt verließen, könne man nur vermuten, sagt Erwig.

Auswirkungen von Staus oder Demonstrationen seien nicht direkt nachweisbar. Aber Baustellen. Und von denen gibt es derzeit reichlich. An 305 Stellen werde derzeit gebuddelt, teilte die Senatsverkehrsverwaltung mit. Mehr als 100 gravierende nennt die Verkehrs-Informations-Zentrale (VIV) im Internet.

Neu kommt am Freitag der Bereich um die Kreuzung Unter den Linden/Friedrichstraße hinzu. Dann wird wegen des Baus der U-Bahn-Linie U 5 die südliche Fahrbahn Unter den Linden zwischen Glinkastraße und Charlottenstraße sowie die Friedrichstraße von der Kreuzung bis zur Behrenstraße gesperrt. Eine weitere Staufalle ist seit Montag die Karlshorster Straße in Lichtenberg, die wegen des Neubaus der Bahnbrücken in diesem Bereich dicht ist. Dafür soll die Sperrung der Straße des 17. Juni am Donnerstag gegen 22 Uhr aufgehoben werden.

Beim Melden der Baustellen, die in den Navigationsgeräten berücksichtigt werden, stehe Berlin „ganz gut“ da, sagt Erwig. Wer sich rechtzeitig informiere, könne den Stau häufig umfahren. Hinweise gibt es unter anderem von der VIZ, deren Angaben allerdings großteils auf Berechnungen beruhen. Mit ihr will Tomtom nun ins Geschäft kommen und aktuelle Daten liefern. Gegen Zahlung, versteht sich. Denn hinter den Stauzahlen stehe auch ein kommerzielles Interesse des Unternehmens, sagt Erwig offen.

Gratisinformationen zum Stau gibt’s unter www.tomtom.com/livetraffic/ sowie unter www.vmz-info.de

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