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Berlin: Strass und Schmucksteine - präsentiert im Bärensaal

Ob wir solche Kleider selbst anziehen würden, fragte uns nach der Modenschau einer der Gastgeber von der Indischen Industriekonförderation. Wir drucksten.

Von Susanna Nieder

Ob wir solche Kleider selbst anziehen würden, fragte uns nach der Modenschau einer der Gastgeber von der Indischen Industriekonförderation. Wir drucksten. Man kann im nüchternen Preußen einfach nicht herumlaufen, als sei man "1001 Nacht" entstiegen. Für verschwenderisch bestickte, wehende, funkelnde Gewänder aus kostbaren Stoffen sind die Gelegenheiten herzlich dünn gesät, das Wetter passt auch nicht, und das Bild, das wir als selbständige, mobile, arbeitsmarktkompatible, funktional gewandete Frauen von uns haben, erst recht nicht.

Aber zum Anschauen war es hinreißend. Das kleine Mädchen in der praktisch denkenden Karrierefrau, das immer Prinzessin sein wollte, kam an diesem Abend voll auf seine Kosten. Der indische Finanzminister hatte zum Abschluss eines zweitägigen Wirtschaftsgipfels zu einer Modenschau der Designer Ravi Bajaj und Suneet Varma in den pompösen Bärensaal des Alten Stadthauses geladen. Ravi Bajaj gilt als führender zeitgenössischer Modedesigner Indiens. Er bevorzugt klare, schmale Silhouetten und verhältnismäßig dezent verzierte Stoffe. Suneet Varma dagegen greift mit beiden Händen in die Märchentruhe und verteilt Strass und Schmucksteine, überaus opulente Stickereien und glitzernde Ornamente auf schweren Samt, flatternde Seide, schimmernden Satin.

Die meisten Gewänder bestanden, der indischen Tradion entsprechend, aus mehreren Teilen. Zum knappen, reichverzierten Oberteil waren geschneiderte oder wie beim Sari gewickelte Röcke oder Hosen kombiniert; knielange Tuniken wurden zu schmalen, langen Hosen getragen, eine zarte Stola mit Stickereien fehlte fast nie. Wie man es bei einem "Evening of Indian Fashion" erwarten durfte, wurde eine enorme Palette üppiger Farbtöne aufgefahren. Neben einer Reihe geradezu hemmungsloser Bonbonfarben in allen erdenklichen Schattierungen zwischen Lila und Pink gab es sattes Rot, Blau, Grün und Violett, das mit überaus prunkvollen Goldstickereien an alte Heiligen- und Königsbilder erinnerte. Sehr elegant wirkten vor allem zurückhaltendere Zwischentöne wie Creme, mattes Silber und Bronze auf leichten Seidenstoffen.

So opulent die Frauen gekleidet waren, so pur kamen die von Ravi Bajaj eingekleideten Männer daher. Schlicht geschnittene Jacken und Mäntel mit Nehrukragen in matt schimmernden Silber- und Goldtönen, darunter Hemden aus leicht transparenten oder zurückhaltend gemusterten Stoffen, dazu Hosen oder bunte Sarongs - frau hätte wirklich nichts dagegen, statt der ewigen öden Anzüge und Krawatten gelegentlich ein solches Outfit zu sehen. Ob es in Preußen Männer gibt, die sich dazu durchringen können, ist allerdings die Frage.

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