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Berlin: Streit ums Bleiberecht

Senat begrüßt, dass Flüchtlinge Arbeit suchen dürfen Flüchtlingsrat sieht Einigung als „Mogelpackung“

Innensenator Ehrhart Körting (SPD) zeigt sich zufrieden, Flüchtlingsvertreter sprechen von einer „Katastrophe“. Nach dem Bund-Länder-Kompromiss zum Bleiberecht für langjährig geduldete Flüchtlinge gehen in Berlin die Meinungen auseinander, was er für die rund 7000 Flüchtlinge bedeutet, die von der neuen Regelung betroffen sind. Körting lobte gestern die „humanitäre Regelung“. Statt einer Duldung sei nun ein „Aufenthaltsrecht auf Probe“ möglich, kombiniert mit der Erlaubnis, Arbeit zu suchen. Er begrüßte, dass Flüchtlinge bis Ende 2009 „angemessen“ Zeit hätten, um eine Arbeit zu suchen – Voraussetzung für eine befristete Aufenthaltserlaubnis. Auch beim Integrationsbeauftragten des Senats sieht man die neue Regelung „generell positiv“, wie dessen Stellvertreter Andreas Germershausen sagte.

Scharfe Kritik kam hingegen vom Flüchtlingsrat, der sich um in Berlin lebende Flüchtlinge kümmert. „Wir sind entsetzt“, sagte Sprecherin Traudl Vorbrodt. Sie spricht von einer „Mogelpackung“, die den Betroffenen „mehr Nachteile als Vorteile“ bringe. So erlaube der Kompromiss den Ländern weiterhin, den Flüchtlingen statt Geld Sachleistungen zu gewähren. Als „wenig humanitär“ bezeichnet der Flüchtlingsrat auch, dass Ausländer nur mit einem Arbeitsvertrag oder einer Jobzusage eine Aufenthaltserlaubnis erhalten. Dafür gebe es in Berlin zu wenig Arbeitsplätze. Und kranke, alte und erwerbsunfähige Flüchtlinge seien ohnehin von der Reform ausgeschlossen.

Ob die von Abschiebung bedrohte Familie Aydin unter die neue Bleiberechtsregelung fällt, ist noch unklar. „Wir hoffen es“, sagte Familienoberhaupt Feyaz Aydin. Die Anwältin der Familie war gestern für eine Stellungnahme nicht zu erreichen. Die Innenverwaltung aber bleibt bei ihrer Position: „Es wird keine weitere Prüfung geben“, sagte Sprecherin Nicola Rothermel. Wie berichtet, sollen die Eltern mit vier ihrer Kinder ausreisen, drei Töchter können bleiben, um die Ausbildung zu beenden. Vier ältere Kinder haben eine eigene Aufenthaltsgenehmigung. Die kurdische Familie lebt seit 17 Jahren in der Stadt und gilt als gut integriert.

Innensenator Körting beharrt auf der Ausreise, die Härtefallkommission hatte sich für die Aydins eingesetzt. Das Asylfolgeverfahren wurde zwar abgelehnt, doch zurzeit laufen juristische Schritte dagegen. Ein kleiner Lichtblick für die Familie: Gestern wurde die Duldung für die sechs von Abschiebung bedrohten Familienmitglieder erneut für ein weiteres halbes Jahr verlängert. sib/lvt

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