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Berlin: Strieder bremst Führerschein ab 17

Senatsverwaltung und Fahrschulen bezweifeln, dass Lenken unter Aufsicht in Berlin etwas bringt

In Berlin werden junge Menschen auch künftig ihren Führerschein erst ab 18 Jahren machen können. Verkehrssenator Peter Strieder (SPD) lehnte am Dienstag einen Vorstoß anderer Bundesländer ab, die in einem Modellversuch Führerschein-Neulinge schon ein Jahr früher auf die Straße lassen wollen – aber nur in Begleitung eines erfahrenen Autofahrers. Dies hält die Landesregierung für zu gefährlich. Auch die Berliner Fahrlehrer zweifeln daran, dass die Regelung in der Praxis umsetzbar ist. Der Gesamtverband des deutschen Versicherungswesens begrüßte den Vorschlag indes. „Wir klammern uns an jeden Strohhalm, der mehr Sicherheit verspricht“, sagte ein Sprecher.

Den Vorschlag, junge Leute schon früher die „Pappe“ machen und zunächst ein Jahr lang unter Aufsicht Fahrpraxis sammeln zu lassen, wollen Verkehrsexperten ab heute beim „Verkehrsgerichtstag“ in Goslar diskutieren. An der Tagung nehmen auch die nördlichen Bundesländer teil, die Interesse an einem Modellversuch des Bundes gezeigt haben. Das Projekt soll Erfahrungen anderer Länder wie Schweden, Luxemburg, Österreich oder Großbritannien aufgreifen.

Auf Berlin lassen sich die Ergebnisse aber nicht übertragen, meint die Sprecherin des Verkehrssenators. „Berlin ist ein Stadtstaat, da ist das etwas anderes als auf dem platten Land“, sagt Petra Reetz. „Man biegt dreimal um die Ecke – und schon ist man auf einer Hauptverkehrsstraße. Das ist zu risikoreich.“ Auch sei es problematisch, „die Verantwortung an Dritte abzugeben“. Peter Glowalla, Chef des Fahrlehrerverbandes, bezweifelt, dass sich ein erwachsener Beifahrer für jene Situationen finden lässt, in denen Jugendliche am häufigsten verunglücken, „etwa auf dem Weg von der Disko nach Hause“. Zudem habe eine Umfrage unter Fahrschülern ergeben, dass „die meisten es dankend ablehnen, unter Aufsicht der Eltern zu fahren“. Sollte die Regelung eines Tages doch bundesweit eingeführt werden, würden Schätzungen zufolge etwa zehn Prozent der jährlich rund 30 000 Berliner Fahrschüler ihren Führerschein vorziehen.

Angesicht der steigenden Jugendarbeitslosigkeit sinken die Anmeldungen in den rund 630 Fahrschulen seit Jahren. Der Pressesprecher des Versicherungs-Verbandes in Berlin, Klaus Brandenstein, weist darauf hin, dass das Auto für Jugendliche in Berlin ohnehin nicht den Status-Wert besitzt wie etwa in Hamburg oder München. Das Risiko, einen Unfall zu verursachen, ist aber annähernd gleich hoch: 18 bis 20-Jährigen passiert das fünfmal so oft wie 35-Jährigen. Die gute Nachricht: Im Vergleich zum Vorjahr verschuldeten 18 bis 24-Jährige in Berlin weniger Unfälle als 2001.

Annette Kögel

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