zum Hauptinhalt

Berlin: Strieder muss sich selber kontrollieren - Für teure Präsente an Regierungsmitglieder fühlt sich niemand zuständig

Wer darf Senatsmitgliedern auf die Füße treten, die selbst ins Fettnäpfchen getreten sind? Niemand - mit Ausnahme des Parlaments.

Wer darf Senatsmitgliedern auf die Füße treten, die selbst ins Fettnäpfchen getreten sind? Niemand - mit Ausnahme des Parlaments. Der Bau- und Verkehrssenator Peter Strieder, der beim Focus-Fest einen 900 Mark teuren elektronischen "Organizer" als Geschenk mitnahm und im eigenen Büroschrank ablegte, dürfte selbst dann nicht disziplinarisch belangt werden, wenn der Senat dies wollte. "Während der Zugehörigkeit zum Senat findet ein Disziplinarverfahren gegen Mitglieder des Senats nicht statt", steht in § 10 des Senatorengesetzes.

Die nicht genehmigte Annahme von Geschenken - von der Tasse Kaffee oder dem Blumenstrauß abgesehen - ist ein Dienstvergehen, das disziplinarische Maßnahmen bis zur Entfernung aus dem öffentlichen Dienst nach sich ziehen kann. Die strenge Ausführungsvorschrift "über die Annahme von Belohnungen und Geschenken" gilt grundsätzlich auch für Senatoren, denn diese stehen in einem öffentlich-rechtlichen Amtsverhältnis. Aber das Disziplinarrecht greift nicht. Stattdessen wird im Senatorengesetz auf Artikel 57 der Verfassung hingewiesen, der feststellt, dass "der Senat des Vertrauens des Abgeordnetenhauses bedarf." Verstöße, die sonst das Disziplinarrecht herausforderten, könne das Parlament mit einem Mißtrauensvotum ahnden, gibt Pressesprecher Stefan Paris die Rechtsauffassung der Innenverwaltung wieder.

Wohlgemerkt eine Rechtsinterpretation, die sich nicht auf den konkreten "Fall Strieder" bezieht. "Bei uns wird diese Angelegenheit nicht überprüft", so Paris. Auch der Regierende Bürgermeister Eberhard Diepgen "fühlt sich nicht zuständig, hat mit Senator Strieder nicht über die Sache gesprochen, und ob das Thema in der nächsten Senatssitzung angesprochen wird, weiß ich nicht", sagte gestern Senatssprecher Michael-Andreas Butz. Weiter wolle er die Angelegenheit nicht kommentieren.

Wer im Senat muss denn nun darauf achten, dass Regierungsmitglieder die Dienstvorschriften einhalten? Der Geschäftsverteilungsplan des Senats gibt keine befriedigende Antwort: Jedes Senatsmitglied sei "für Einzelpersonalangelegenheiten der in seinem Geschäftsbereich tätigen Dienstkräfte zuständig". Der Regierende führt lediglich "die Personalakten der Senatsmitglieder". Hätte sich Strieder - oder ein anderer Senator - die Annahme des großzügigen Geschenks genehmigen lassen wollen, hätte er wohl sich selbst fragen müssen. Oder doch den Regierungschef Diepgen? Auch die "Geschenke-Vorschrift" weist bezüglich der Senatoren eine Lücke auf. Zuständig sei, heißt es in § 6, der Leiter der obersten Dienstbehörde. Also der Senator selbst.

za

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false