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Der designierte Regierende Bürgermeister Michael Müller war vor einem Monat bei der Eröffnung des Studentendorfes Adlershof dabei (dahinter Andreas Barz vom Studentendorf Schlachtensee).

© dpa

Studentenwohnheime in Berlin: Suchende haben derzeit keine Chance

In Berlin gibt es kaum günstige Studentenwohnungen. Dabei hatte Klaus Wowereit 5000 neue versprochen. Doch schon ein kleines Modellprojekt in Mitte scheitert an den Behörden.

Von Ulrich Zawatka-Gerlach

„Leider keine freien Wohnungen gefunden.“ Wer in Berlin studiert und beim Studentenwerk online nach einem preisgünstigen, warmen Zimmer in einem Wohnheim sucht, hat derzeit keine Chance. Kein einziges Angebot, nur dieser entmutigende Satz. Dabei hatte der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) doch vor eineinhalb Jahren versprochen, 5000 neue Plätze zu schaffen, aber daraus wurde bis heute nichts.

Dem Senat ist es bisher nicht mal gelungen, ein Modellprojekt an der Nordbahnstraße in Mitte für höchstens 178 Wohnplätze zu realisieren. Seit Mai verhandeln Senatsbehörden, städtische Wohnungsunternehmen, das Studentenwerk und der Liegenschaftsfonds über dieses „Bauvorhaben für studentisches Wohnen“. Jetzt zog die Bildungsverwaltung einen Bericht an den Hauptausschuss des Abgeordnetenhauses mit der Begründung zurück: „Leider hat sich im Nachhinein weiterer Abstimmungsbedarf ergeben.“

Die Monatsmiete soll in dem geplanten Neubau bei höchstens 320 Euro liegen. Drei Varianten wurden durchgesprochen, mit den schönen Namen: „Feel-free“, „Design to budget“ und „Reality“. Das öffentliche Grundstück wird gratis zur Verfügung gestellt, die Wohnungsunternehmen sollen bauen und das Heim dem Studentenwerk langfristig vermieten. Allerdings sieht sich das Studentenwerk nicht in der Lage, mehr als 135 Euro pro Platz zu zahlen. Doch alle drei Bauvarianten wären deutlich teurer. Im September gab es ein zweites Gespräch, dieses Mal unter Leitung der Senatskanzlei. Mit dem vagen Ergebnis: Man wolle weiter „an Lösungen zur Senkung der Kosten arbeiten“.

Alternative Versuche

Bis Mitte November waren zwei Workshops geplant, um die Sache voranzutreiben. In der Vorlage der Bildungsverwaltung, die jetzt zurückgenommen wurde, ist von „zahlreichen Schwierigkeiten des eingeschlagenen Weges“ die Rede. Zwei weitere Wohnheimprojekte werden erwähnt, ohne dass klar ist, ob und wann sie umsetzbar sind: ein stark sanierungsbedürftiges Gebäude in der Conrad-Blenkle-Straße und ein großes Grundstück mit alter Villa in der Hasselwerder Straße in Treptow-Köpenick.

Es gibt noch andere Versuche, das Problem zu lösen. Ohne Beteiligung des Studentenwerks haben die städtischen Wohnungsbaugesellschaften inzwischen weit mehr als tausend Wohnungen an Studierende, Schüler und Auszubildende vermietet, die landeseigene Immobilienfirma Berlinovo plant einen Neubau mit 267 Appartements und es gibt in Berlin zahlreiche private Anbieter. „Allerdings richten sich diese mit einer Monatsmiete deutlich über 350 Euro nur an ein bestimmtes Segment“, räumt die Bildungsbehörde ein. Zum Vergleich: Ein Zimmer in einem der 35 Heime des Studentenwerks kostet durchschnittlich 204 Euro.

„Unsere Aufgabe ist es, den Studierenden in Berlin bezahlbare Unterkünfte zur Verfügung zu stellen“, sagt Ricarda Heubach, die beim Studentenwerk für die Wohnheime zuständig ist. „Private Investoren, die Immobilien für viel Geld und in bester Lage anbieten, rennen uns die Türen ein, aber das ist es nicht, was wir brauchen.“ Die Zusammenarbeit mit den Wohnungsbaugesellschaften und dem Liegenschaftsfonds, wie bei dem Pilotprojekt in Mitte, sei ein ganz anderes Modell. „Das ist Neuland, aber ich kann mir vorstellen, dass wir es irgendwie noch hinkriegen.“ Dann sei es auch leichter, weitere Vorhaben dieser Art zu realisieren.

Gut Ding braucht Weile

Aber gut Ding braucht Zeit. Selbst wenn es eine Einigung über das Projekt an der Nordbahnstraße geben sollte, wird es erfahrungsgemäß noch ein, zwei Jahre dauern, bis das neue Wohnheim zur Verfügung steht. Ob und wann es in Berlin die versprochenen 5000 neue Heimplätze geben wird, ist überhaupt nicht absehbar.

Momentan bietet das Studentenwerk 9500 Plätze an, aber es leben in Berlin 165 000 Studierende. Nicht nur von außen, auch in der SPD wächst deshalb der Druck auf den künftigen Regierungschef Michael Müller, den Ankündigungen des Vorgängers Taten folgen zu lassen. Auf dem SPD-Parteitag, der Müller am 8. November nominierte, forderten die Sozialdemokraten den Senat auf, „endlich geeignete Grundstücke bereitzustellen, die Kooperation zwischen Studentenwerk und Wohnungsbaugesellschaften zu unterstützen und die Finanzierung durch Bürgschaften zu gewährleisten“. Das ist erst einmal nur ein Parteitagsbeschluss.

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